Neues Rundschreiben der FMA zu Grundsätzen der Vergütungspolitik und –praktiken
Co-Autor:innen: Markus Kern, Martina Pomper
Auf einen Blick
Variable Vergütungsbestandteile sind bei einem leistungs- und erfolgsorientierten Vergütungssystem in der Praxis nicht mehr wegzudenken. Im Bankensektor unterliegen sie – um Fehlanreize für kurzfristige Gewinne zu vermeiden und nachhaltiges sowie langfristiges Handeln zu fördern – einem umfassenden Regulierungswerk auf nationaler und europäischer Ebene, das laufend durch neue Anforderungen verschärft wird.
Auf Basis der Vorgaben der Richtlinie 2013/36/EU (CRD IV), die in §§ 39 Abs 2 iVm 39b des Bankwesengesetzes (BWG) samt Anlage umgesetzt sind, und der Veröffentlichung der Leitlinien der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) für eine solide Vergütungspolitik (EBA/GL/2015/22) hat nun auch die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) ihr erstmals im Dezember 2011 veröffentlichtes und zuletzt im Dezember 2012 aktualisiertes Rundschreiben zu Grundsätzen der Vergütungspolitik- und praktiken gemäß § 39b BWG überarbeitet und die neue Fassung am 18. Jänner 2018 veröffentlicht.
Im Folgenden haben wir für Sie sowohl die wichtigsten Neuerungen, als auch einige wesentliche Punkte, an denen die FMA in der aktualisierten Fassung des Rundschreibens festhielt, zusammengefasst.
Was hat sich im Vergleich zur Vorversion des Rundschreibens geändert?
Proportionalität zwischen Instituten – Erhöhung des Bilanzsummenschwellwertes von 1 Mrd. Euro auf 5 Mrd. Euro
Die wohl wichtigste Änderung ist, dass das Rundschreiben im Zusammenhang mit der Proportionalität zwischen Instituten nun auf den Bilanzsummenschwellenwert von 5 Mrd. Euro abstellt.
Dies erfolgt in Übereinstimmung mit der im Zuge der so genannten Aufsichtsreform 2017 erfolgten Anhebung des für die Einrichtung eines Vergütungsausschusses relevanten Bilanzsummenschwellwertes. Bei der Aufsichtsreform 2017 handelt es sich um eine Sammelnovelle des BWG und einer Reihe weiterer Aufsichtsgesetze (BGBl I 2017/149), die bereits am 3. Jänner 2018 in Kraft trat.
Institute, deren Bilanzsumme im Durchschnitt zu den jeweiligen Stichtagen der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre 5 Mrd. Euro erreicht oder überschreitet (erhebliche Institute gemäß § 5 Abs. 4 BWG) sind demnach jedenfalls als komplex einzustufen und eine gänzliche Neutralisierung der speziellen Vergütungsgrundsätze der Ziffern 11, 12 und 12 lit a der Anlage zu § 39b BWG ist daher unzulässig. Vice versa können die speziellen Grundsätze im Rahmen des Proportionalitätsgrundsatzes bei mittelkomplexen und nicht komplexen Instituten (mit einer Bilanzsumme unterhalb 5 Mrd. Euro) nach wie vor (teilweise) neutralisiert werden, sofern kein Kriterium hinzutritt, das die Einstufung als komplexes Institut nahe legen würde.
Wie bisher ist zu beachten, dass der Übergang zwischen komplexen, mittelkomplexen und nicht komplexen Instituten fließend ist und das bloße Abstellen auf die Bilanzsumme zu kurz greifen würde. Im Zusammenhang mit den übrigen Kriterien zur Proportionalität zwischen Instituten brachte die Aktualisierung des Rundschreibens jedoch wenig Neues. Wie bisher werden als weitere Kriterien neben der Größe, die interne Organisation auch Art, Umfang und Komplexität der Geschäfte genannt.
Proportionalität zwischen Mitarbeiterkategorien – qualitative und quantitative Kriterien
Im Zusammenhang mit der Proportionalität zwischen Mitarbeiterkategorien erfolgte im Rahmen der Aktualisierung der Verweis auf die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 604/2014 zur CRD IV. Diese sieht bereits zwingende Standards in Bezug auf qualitative und angemessene quantitative Kriterien zur Ermittlung der Mitarbeiterkategorien, deren berufliche Tätigkeit sich wesentlich auf das Risiko pro eines Instituts auswirkt, vor. Die in der Vorversion des Rundschreibens enthaltenen Kriterien wurden daher gestrichen.
Änderungen betreffend der generellen bzw. speziellen Grundsätze
Geringfügige Änderungen ergaben sich weiters hinsichtlich der generellen bzw. speziellen Grundsätze. Einerseits erfolgte eine redaktionelle Anpassung hin- sichtlich der Aufnahme der Ziffer 6a in den Katalog der generellen Grundsätze. Ziffer 6a wurde bereits im Rahmen der Umsetzung der CRD IV (BGBl I 2013/184) in den Katalog der Vergütungsgrundsätze der Anlage zu § 39b BWG aufgenommen und normiert die Heranziehung eines den nationalen Gepflogenheiten entsprechenden Kriterienkatalogs bei der Festlegung der fixen und variablen Vergütungsbestandteile. Andererseits erfolgte die Aufnahme der Ziffer 9a in den Katalog der speziellen Grundsätze.
Ziffer 9a wurde ebenso im Rahmen der CRD IV Umsetzung in den Katalog der Anlage zu § 39b BWG aufgenommen und stellt klar, dass auch Sonderzahlungen, die dem Mitarbeiter eines Kreditinstitutes im Zusammenhang mit der vorzeitigen Beendigung seines vorhergehenden Beschäftigungsverhältnisses gewährt werden, den Grundsätzen der Vergütungspolitik des jeweiligen Kreditinstitutes entsprechen müssen. Diese Regelung erfasst damit vor allem Zahlungen, die dem vormaligen Mitarbeiter eines anderen Unternehmens für den vorzeitigen Wechsel seines Beschäftigungsverhältnisses vom jeweiligen Kreditinstitut, mit dem die Person nunmehr in einem Beschäftigungsverhältnis steht, gewährt werden.
Konsequenterweise erfolgte im Rahmen der Aktualisierung auch die Verschiebung der Ziffer 9 von den generellen zu den speziellen Grundsätzen. Dies wohl unter dem Aspekt, dass die Ziffer 9 ebenso auf Zahlungen im Zusammenhang mit der vorzeitigen Vertragsbeendigung abstellt und eine differenzierte Zuweisung der beiden Ziffern inkonsistent wäre.
Die vormals den speziellen Grundsätzen zugeordnete Ziffer 10, die inhaltlich eine explizite Berücksichtigung der Eigenmittel- und Liquiditätsausstattung bei der Erfolgsmessung fordert, zählt nunmehr zu den generellen Grundsätzen.
Welche wesentlichen Punkte blieben im Vergleich zur Vorversion des Rundschreibens unverändert?
Möglichkeit einer vollständigen Neutralisierung für nicht komplexe Institute
Die FMA erachtet im neuen Rundschreiben eine vollständige Neutralisierung für kleine (nicht komplexe) Institute nach wie vor als zulässig. Diese Klarstellung ist im Lichte der – in der Vorversion des Rundschreibens noch nicht berücksichtigten – EBA Leitlinien begrüßenswert. Dies insbesondere da die EBA in diesem Zusammenhang Zweifel äußerte, ob eine gänzliche Neutralisierung einzelner Vergütungsgrundsätze überhaupt in Einklang mit Art 92 (2) CRD IV steht. Die diesbezügliche Sicht- und Vorgehensweise der FMA in diesem Punkt blieb vor Veröffentlichung des neuen Rundschreibens daher abzuwarten.
Erheblichkeitsschwelle
Die Erheblichkeitsschwelle variabler Vergütung beträgt weiterhin 25% des fixen Jahresbezugs oder 30.000 Euro (brutto). Dies bedeutet, dass variable Vergütung, die diesen Betrag übersteigt, keinesfalls als unerheblich eingestuft (und aus diesem Grund neutralisiert) werden kann. Die im Rahmen des CRD V Pakets (siehe unten) geplante Erhöhung des absoluten Schwellenwerts auf
50.000 Euro wurde somit noch nicht berücksichtigt.
Anwendungsbereich – Zweigstellen
Randziffer 16 des Rundschreibens zur Anwendung der Vergütungsbestimmungen auch auf Zweigstellen von Kreditinstituten aus Mitgliedstaaten unter Verweis auf § 9 Abs. 7 BWG blieb unverändert.
Dies ist insofern bemerkenswert, als in § 9 Abs. 7 BWG, der die von österreichischen Zweigstellen von CRR-Kreditinstituten aus Mitgliedstaaten einzuhaltenden Normen aufzählt, mit BGBl I 2017/107 (in Kraft getreten am 3. Jänner 2018) unter anderem der Verweis auf die vergütungsrelevanten Bestimmungen §§ 39b und 39c BWG entfallen ist.
Da die rechtlichen Grundlagen durch das Rundschreiben der FMA unberührt bleiben, ist auf Basis des klaren Gesetzeswortlauts (§ 9 Abs. 7 BWG idgF) nichtsdestotrotz davon auszugehen, dass für Zweigstellen von CRR-Kreditinstituten in Vergütungsbelangen das Heimatstaatprinzip gilt und insbesondere § 39b BWG und die Anlage zu diesem auf solche Zweigstellen seit 3. Jänner 2018 nicht mehr anwendbar ist. Nach informeller Auskunft wird diese Rechtsansicht auch von der FMA geteilt.
Wie geht es weiter?
Auch der Vorschlag der Europäischen Kommission zur Änderung der CRD IV (CRD V) sieht bereits wieder Änderungen im Bereich Vergütung vor. Insbesondere ist in Artikel 94 CRD IV die Ergänzung eines neuen Absatzes 3 vorgesehen, nach dem gewisse Vergütungsgrundsätze (insbesondere das Zurückbehaltungserfordernis) nicht für Institute mit einer Bilanzsumme von maximal 5 Mrd. Euro (Vierjahresdurchschnitt) und ebenso wenig für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deren variable Vergütungen nicht über 50.000 Euro hinausgeht bzw. 25% der Gesamtjahresvergütung ausmacht, gelten. Dies würde im Vergleich zum Status Quo eine Erleichterung darstellen.
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