Flexible Kapitalgesellschaft: Wie auch etablierte Unternehmen von der neuen Gesellschaftsform profitieren können
Mit dem kürzlich beschlossenem FlexKapGG wird eine neue Gesellschaftsform geschaffen: die “Flexible Kapitalgesellschaft” (“FlexKap” oder “FlexCo”). Es lohnt sich zu prüfen, ob die neue Gesellschaftsform für das eigene Unternehmen vorteilhaft ist.
1. Wann tritt das neue FlexKapGG in Kraft?
Das FlexKapGG wurde am 15. Dezember 2023 beschlossen und tritt bereits mit 1. Jänner 2024 in Kraft.
2. Welche Vorteile bietet die Flexible Kapitalgesellschaft gegenüber einer GmbH?
Die wesentlichen neuen Eckpunkte und Gestaltungsspielräume lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Stammeinlage: Das Mindeststammkapital beträgt EUR 10.000, wie dies auch zukünftig für die GmbH vorgesehen ist. Die Mindeststammeinlage beträgt EUR 1 (bei der GmbH: EUR 70); damit werden sehr kleine Beteiligungen möglich.
- Stimmrechtsausübung: Im Unterschied zur GmbH sind die Gesellschafter:innen einer FlexKap berechtigt, die mit einem Geschäftsanteil verbundenen Stimmrechte auch uneinheitlich auszuüben. Diese neue Möglichkeit ist vor allem bei Treuhandkonstruktionen relevant (siehe dazu Punkt 3).
- Beteiligungsformen: Neben den klassischen Geschäftsanteilen können auch Unternehmenswert-Anteile im Ausmaß von bis zu 25 % des Stammkapitals ausgegeben werden. Damit wird die stimmrechtslose Beteiligung am Bilanzgewinn und am Liquidationserlös ermöglicht. Diese Beteiligungsform ist einerseits für die Beteiligung von Mitarbeitenden gedacht, steht aber auch zur Beteiligung Dritter offen. Die Inhaber:innen der Unternehmenswert-Anteile werden nicht im Firmenbuch eingetragen, sondern in einem von der Geschäftsführung geführten Anteilsbuch. Die Unternehmenswert-Anteile können ohne die Involvierung eines/einer Rechtsanwält:in oder Notar:in übertragen werden.
- Erwerb eigener Anteile: Auch der Erwerb eigener Anteile durch die Gesellschaft ist zulässig. Dies erleichtert insbesondere den Vorgang beim Rückkauf von Unternehmenswert-Anteilen (etwa beim Austritt eines in dieser Form beteiligten Mitarbeitenden).
- Besondere Finanzierungsinstrumente: Es wird die Möglichkeiten der bedingten Kapitalerhöhungen und des genehmigten Kapitals – die bislang nur bei Aktiengesellschaften bestehen – zur Kapitalaufbringung geben. Weiters wird die Ausgabe von Finanzierungsinstrumenten mit Bezugs- oder Wandlungsrechten oder mit Gewinnanteilen möglich sein (Wandel-, Gewinnschuldverschreibungen, Optionsanleihen und Genussrechte).
- Gesellschaftsvertrag: Im Gesellschaftsvertrag kann anders als bei der GmbH vorgesehen werden, dass für Umlaufbeschlüsse nicht das Einverständnis aller Gesellschafter:innen erforderlich ist und dass die Einhaltung der Textform (etwa E-Mail, digitale Signatur) ausreicht. Dies macht die Beschlussfassung bei der FlexKap deutlich effizienter.
- Formerfordernisse: Erleichterte Formerfordernisse gelten bei der Übertragung von Geschäftsanteilen. Statt einem Notariatsakt reicht eine von einem/einer Notar:in oder Rechtsanwält:in errichtete Privaturkunde.
Durch diese Erleichterungen und flexibleren Gestaltungsmöglichkeiten soll die FlexKap im Vergleich zur GmbH international wettbewerbsfähiger werden.
3. Ist die Flexible Kapitalgesellschaft nur für Start-Ups geeignet?
Die FlexKap steht allen Gründer:innen und bestehenden Unternehmen zur Verfügung. Die oben aufgezeigten Gestaltungsmöglichkeiten können auch bereits etablierte Scale-Ups, KMUs, Familienunternehmen und größere Unternehmen nützen, um einerseits von den erleichterten Formerfordernisse zu profitieren und andererseits das Unternehmen spezifischer an die individuellen Bedürfnisse zu gestalten.
Zum Beispiel können FlexKap wie folgt genutzt werden:
- Unternehmen können bei neuen Projekten FlexKaps als Tochtergesellschaften gründen und durch die verschiedenen Arten der Beteiligungsformen (zB. stimmrechtlose Unternehmenswert-Anteile), nicht nur Mitarbeitende beteiligen, sondern auch externe Personen in die Gesellschaft aufnehmen, ohne diesen gleichzeitig ein Stimmrecht einzuräumen.
- Ebenso bietet die FlexKap, insbesondere durch die Möglichkeiten des genehmigten sowie bedingten Kapitals, eine für die Geschäftsführung flexiblere und raschere Gestaltungsmöglichkeit im Bereich der Kapitalmaßnahmen.
- Bestehen auf der Gesellschafterebene Treuhandkonstruktionen, bei denen ein:e einziger/einzige Treuhänder:in für mehrere Treugeber:innen fungiert, bietet die FlexKap den Vorteil, dass die Stimmabgabe uneinheitlich erfolgen kann und damit die einzelnen Stimmrechte entsprechend den Vorgaben der jeweiligen dahinterstehenden wirtschaftlichen Eigentümer:innen (Treugeber:innen) erfolgen kann.
- Durch die Möglichkeit der Mitarbeiterbeteiligung können vor allem Schlüsselpersonen stärker an das Unternehmen gebunden werden.
4. Wie kann eine bestehende GmbH in eine Flexible Kapitalgesellschaft umgewandelt werden?
Die Umwandlung einer bestehenden GmbH in eine FlexKap ist in einfachen Schritten möglich. Erforderlich ist grundsätzlich ein Generalversammlungsbeschluss mit Dreiviertelmehrheit, eine entsprechende Änderung des Gesellschaftsvertrags sowie die Anmeldung beim Firmenbuch.
Es bedarf weder besonderer Maßnahmen zum Gläubigerschutz (etwa Umwandlungsbilanz, Sicherstellungsanspruch oder Gründungsprüfung), noch zum Schutz von Minderheitsgesellschaftern (zB Barabfindungsanspruch für mit der Umwandlung nicht einverstandene Gesellschafter).
Überlegen Sie eine Flexible Kapitalgesellschaft zu gründen oder Ihr bestehendes Unternehmen in eine Flexible Kapitalgesellschaft umzuwandeln? Kontaktieren Sie uns gerne, wenn Sie Fragen zur neuen Gesellschaftsform haben.
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Co-Autorin: Dr. Isabella Lechner
