Aktuelle Leerstandsabgabe-Gesetze in Österreich
Co-Autor: Mag. Elias Pressler
Seit Jahresbeginn 2023 bestehen nunmehr bereits in 3 österreichischen Bundesländern, nämlich in Salzburg, der Steiermark und Tirol Gesetze betreffend Leerstandsabgaben für Wohnungen. Diese Länder haben bereits 2022 auf Landesebene Leerstandsabgaben beschlossen, die nunmehr alle in Kraft getreten sind.
Obwohl alle Landesgesetze Leerstände sanktionieren sollen, sehen diese im Detail durchaus unterschiedliche Tatbestände, Abgabenhöhen sowie verschiedene Ausnahmen vor. Die Gesetze sind auch grundlegend unterschiedlich konzeptioniert; einerseits als Ermächtigungs-Bestimmung (bspw. Steiermark), andererseits als Verpflichtung (bspw. Tirol) für die Gemeinden.
In Tirol wurde die Abgabe als “Leerstandsabgabe”, in der Steiermark als “Wohnungsleerstandsabgabe” und in Salzburg als „Kommunalabgabe Wohnungsleerstand“ bezeichnet. In allen Fällen handelt es sich jeweils um Gemeindeabgaben. Der Abgabensatz ist in der Steiermark und in Tirol durch Verordnung des Gemeinderats und in Salzburg durch die Verordnung der Gemeindevertretung festzulegen.
Wir haben die relevanten Punkte zu den Leerstandsabgaben im nachstehenden Überblick zusammengefasst und gegenübergestellt:
Bundesland Steiermark | |
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Gesetz | Steiermärkisches Zweitwohnsitz- und Wohnungsleerstandsabgabegesetz (StZWAG) Ermächtigung für die Gemeinden (Kann-Bestimmung) |
Inkrafttreten / Beschlossen | 1.10.2022 (beschlossen 26.4.2022) |
Gegenstand der Abgabe | (Ausschließlich) Wohnungen, an denen für mehr als 26 Kalenderwochen im Jahr weder eine Meldung als Hauptwohnsitz noch als sonstiger Wohnsitz vorliegt. |
Höhe | Max EUR 10 je m² Nutzfläche / Monat Die Höhe der Abgabe für eine Wohnung mit 100 m² Nutzfläche darf im Kalenderjahr EUR 1.000 nicht überschreiten. Gemeindeabgabe Selbstbemessung |
Ausnahmen | Viele Ausnahmetatbestände, beispielsweise für ● Vorsorgewohnung für Kinder; ● Bauten mit bis zu drei Wohnungen, in denen Eigentümer des Baus in einer der Wohnungen ihren Hauptwohnsitz haben; ● Wohnungen, die von den Eigentümern aus gesundheitlichen oder altersbedingten Gründen nicht mehr als Wohnsitz verwendet werden - Bauten mit einer Wohnung oder mehreren Wohnungen mit Denkmaleigenschaft; ● Unterbringung von diplomatischen Vertretungen oder Wohnzwecke für als exterritorial anerkannte Personen ● notwendige Instandsetzungsarbeiten mit Leerstand von maximal 26 Kalenderwochen. |
Bundesland Tirol | |
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Gesetz | Tiroler Freizeitwohnsitz- und Leerstandsabgabegesetz (TFLAG) Muss-Bestimmung (Verpflichtung für die Gemeinden) |
Inkrafttreten / Beschlossen | 1.1.2023 (beschlossen 6.7.2022) |
Gegenstand der Abgabe | Wohnungen und sonstige Teile von Gebäuden, die über einen durchgehenden Zeitraum von mindestens sechs Monaten nicht als Wohnsitz verwendet werden (Leerstand). Einer Meldung im Zentralen Melderegister (nach dem MeldeG) kommt lediglich Indizwirkung zu. Maßgeblich sind stets die tatsächlichen Verhältnisse. |
Höhe | Variabel nach Nutzfläche und Region EUR 10 - 215 / Monat In Vorbehaltsgemeinden (ua Innsbruck): Verdoppelung der Abgabe Selbstbemessungsabgabe |
Ausnahmen | Es bestehen zahlreiche Ausnahmen. Von der Abgabenpflicht ausgenommen sind unter anderem Gebäude, Wohnungen oder sonstige Teile von Gebäuden, ● die aus rechtlichen, bautechnischen “oder vergleichbaren sonstigen Gründen” nicht gebrauchstauglich oder nutzbar sind; ● mit bis zu zwei Wohnungen, wenn ein Eigentümer des Gebäudes in einer der Wohnungen seinen Hauptwohnsitz hat; ● Gebäude bzw. Wohnungen, die für gewerbliche, land- und forstwirtschaftliche oder berufliche Zwecke (insbesondere Ordinationen, Büros, Kanzleien, Privatzimmervermieter und Geschäftslokale) verwendet werden; ● die von den Eigentümern “aus gesundheitlichen oder altersbedingten Gründen” nicht mehr als Hauptwohnsitz verwendet werden können; ● die “trotz geeigneter Bemühungen” über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten nicht zum ortsüblichen Mietzins vermietet werden können; ● für die ein “zeitnaher” Eigenbedarf besteht. |
Bundesland Salzburg | |
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Gesetz | Salzburger Leerstands- und Zweitwohnsitzabgaben-Gesetz (ZWAG) Ermächtigung für die Gemeinden (Kann-Bestimmung) |
Inkrafttreten / Beschlossen | 1.1.2023 (beschlossen 6.7.2022) |
Gegenstand der Abgabe | Wohnungen im Sinn des Salzburger Bautechnikgesetzes, bei denen nach den Daten des Zentralen Melderegisters an mehr als 26 Kalenderwochen im Jahr kein Wohnsitz gemeldet ist. |
Höhe | Für Wohnungen bis 40 m² im Jahr höchstens EUR 400 (bei Neubauwohnungen EUR 800) betragen, danach wird alle 30 m² eine Stufe eingezogen, wobei sich mit jedem Schritt die Obergrenze um EUR 300 (bei Neubau jeweils EUR 600) erhöht. Das ergibt eben für die oberste Stufe (über 220 m²) die Obergrenze von EUR 5.000 Euro für Neubauwohnungen bzw. von EUR 2.500 für ältere Wohnungen. Wohnungen gelten bis zu einem Alter von fünf Jahren als Neubau. |
Ausnahmen | Ausgenommen von der Abgabenpflicht sind unter anderem: ● Wohnungen, an denen ein Baugebrechen vorliegt oder die aus vergleichbaren sonstigen Gründen ● im Abgabenzeitraum überwiegend nicht nutzbar sind und die Gebrauchstauglichkeit bzw ● Nutzbarkeit auch nicht mit objektiv wirtschaftlich zumutbaren Mitteln herstellbar ist; ● zum ortsüblichen Mietzins nicht vermietet werden können; ● Wohnungen im Eigentum (Baurechtseigentum) einer gemeinnützigen Bau-, Wohnungs- und ● Siedlungsvereinigung oder eines Unternehmens, dessen Betriebsgegenstand die Schaffung von Wohnraum ist; ● Wohnungen im Eigentum der Gemeinde. |
Hintergrund – Eine Frage der Kompetenz
Bereits in der Vergangenheit gab es z.B. in Wien eine Leerstandsabgabe, die jedoch mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs im Jahr 1985 als verfassungswidrig aufgehoben wurde, wobei der VfGH feststellte, dass die geprüfte Vorschrift auch unter dem Blickwinkel der Kompetenz einen Übergriff auf das Gebiet der Wohnraumbewirtschaftung darstellen würde und verfassungswidrig sei. Damit wurden die verfassungsrechtlichen Grenzen einer landesgesetzlichen Leerstandsabgabe aufgezeigt.
Ob und inwieweit dem Landesgesetzgeber grundsätzlich im Rahmen seines an sich bestehenden Abgabenerfindungsrechts grundsätzlich die Erhebung einer Leerstandsabgabe zusteht oder für die Abgabe eine Lenkungsmaßnahme darstellt, die im Hinblick auf die “Dichte der Regelung und die Art ihrer Auswirkung” die Kompetenzverteilung – also die Kompetenz des Bundes – unterlaufen, war im vergangenen Jahr bereits Gegenstand von Rechtsgutachten, deren Ergebnisse unterschiedlich interpretiert wurden.
Basierend auf dem historischen Erkenntnis des VfGH bestehen wohl zumindest enge Grenzen für Leerstandsabgaben der Bundesländer, insbesondere betreffend die Höhe. Beispielsweise sollte eine Abgabe zur Deckung von Kosten, die der Gemeinde im Zusammenhang mit dem Leerstand entstehen (für Infrastruktur wie Kanal, Wasseranschluss, Straßen) grundsätzlich eher zulässig sein. Entsprechend hohe Landesabgaben, die Eigentümer von Wohnungen praktisch in den allermeisten Fällen zwingen würden, sich der Absicht des Gesetzgebers gemäß zu verhalten, also die Vermietung zu veranlassen, beurteilte der VfGH dagegen bereits als verfassungswidrige Kompetenzüberschreitung.
Allgemein steht eine entsprechende Abgabe immer im Spannungsverhältnis mit dem umfassenden Eigentumsbegriff des ABGB und stellt einen Grundrechtseingriff dar, der eine entsprechende Rechtfertigung erfordert.
Unterschiedliche Standpunkte der Länder
In den anderen sechs Bundesländern fallen die politischen Absichtserklärungen zu Leerstands-Abgaben unterschiedlich aus. Im November 2022 forderten mehrere Bundesländer gemeinsam in einem offenen Brief den Bund auf, die Möglichkeit einer Leerstandsabgabe zu schaffen. In Wien wird derzeit ausschließlich eine bundeseinheitliche Regelung gefordert. Eine landesgesetzliche Leerstandsabgabe ist in Wien nicht geplant.
Steuerrechtliche Behandlung
Die Leerstandsabgabe ist grundsätzlich einkommensteuerlich abzugsfähig und kann in Form von Werbungskosten in Bezug auf Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geltend gemacht werden.
Sofern eine aktuell leerstehende Wohnung später erstmalig zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führen wird, kann die Leerstandsabgabe unter Umständen in Form von vorab entstandenen Werbungskosten („Vorwerbungskosten“) geltend gemacht und mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten unter den allgemeinen Voraussetzungen verrechnet werden.
Die steuerliche Berücksichtigung als Vorwerbungskosten ist jedoch nur dann möglich, wenn im Zeitpunkt des Anfalls der Leerstandsabgabe eine ernsthafte Absicht besteht, die Wohnung zu vermieten und diese Absicht aufgrund bindender Vereinbarungen oder anderer objektiver Umstände, welche nach außen hin klar in Erscheinung treten, erkennbar ist. Für die Beurteilung dieser Umstände sind keine starren Regeln vorgegeben. Vielmehr ist entscheidend, ob eine dritte Person das effektive Bemühen einer Vermietungsabsicht erkennen würde.
