„Disqualifikation“ iSd § 15 Abs 1a GmbHG und die Relevanz für Geschäftsführer:innen (bzw jene Personen, die eine solche Organfunktion anstreben)
Eine neue Bestimmung im GmbHG/AktG/GenG zwingt aufgrund bestimmter Straftaten rechtskräftig verurteilte Geschäftsführer:innen zum Rücktritt. Weiters sind die neuen gesetzlichen Regelungen ein Bestellungshindernis, für Personen, die zu Geschäftsführer:innen bestellt werden sollen.
Seit dem Jahreswechsel gibt es in Österreich eine weitere Gesellschaftsform – die Flexible Kapitalgesellschaft, kurz „FlexCo“. Selbst juristischen Laien dürfte die (positive) Aufregung rund um die FlexCo nicht entgangen sein, war die mediale Resonanz zu diesem Thema doch enorm. Allerdings gab es auch im GmbHG (mit Parallelregelungen ebenso im AktG und GenG) spannende Änderungen, die im Jubel um die neue Gesellschaftsform etwas untergegangen sein dürften und im Folgenden kurz skizziert werden sollen.
Nach dem neuen § 15 Abs 1a GmbHG dürfen Geschäftsführer:innen bzw Personen, die von einem österreichischen Gericht aufgrund verschiedener, im Gesetz abschließend aufgezählter (wirtschaftsnaher) Straftaten rechtskräftig zu einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden sind, für mindestens drei Jahre nach Rechtskraft der Verurteilung, nicht vertretungsbefugtes Organ einer GmbH sein. Relevante Delikte sind zB Betrug, Untreue, Geschenkannahme durch Machthaber oder Betrügerische Krida. Maßgeblich ist eine Verurteilung, deren Rechtskraft nach dem 31.12.2023 eingetreten ist. Auch die Verurteilung durch ein ausländisches Gericht wegen einer „vergleichbaren“ Handlung ist relevant. Ohne an dieser Stelle zu sehr in die strafrechtlichen Dimensionen dieser neuen Gesetzesbestimmung eintauchen zu können ist noch festzuhalten, dass es keine Rolle spielt, ob die Freiheitsstrafe unbedingt ausgesprochen wird, oder (teilweise) bedingt nachgesehen wird.
Die neuen Bestimmungen (basieren auf der EU Digitalisierungs-Richtlinie und) sollen als Ausübungsschranke dem Schutz des Geschäftsverkehrs, sowie dem Schutz der Allgemeinheit bzw. außenstehender Dritter vor „ungeeigneten“ Geschäftsführer:innen dienen.
Die Regelung ist einerseits (i) ein materielles Bestellungshindernis (dh, betroffene Personen können nicht als Geschäftsführer:innen bestellt werden), andererseits (ii) verhindert sie eine weitere Ausübung der Organfunktion durch betroffene Geschäftsführer:innen.
Interessant ist die Lösung, dass disqualifizierte Geschäftsführer:innen unverzüglich deren Rücktritt zu erklären haben (§ 16a Abs 3 GmbHG), weil der Ball zuerst gewissermaßen bei betroffenen Geschäftsführer:innen liegt (wohl deshalb, weil Geschäftsführer:innen auch als erste von einer Verurteilung erfahren). Der Rücktritt wird nach 14 Tagen wirksam – dadurch soll der Gesellschaft Zeit zur Suche eines Nachfolgers bzw. einer Nachfolgerin bleiben. Kommen disqualifizierte Geschäftsführer:innen der Pflicht zum Rücktritt nicht nach, so können diese von der Generalversammlung abberufen werden. Disqualifizierte, jedoch noch nicht bestellte, Geschäftsführer:innen in spe haben ihre Bestellung zu verhindern. In beiden Fällen ist demnach ein Aktivwerden der disqualifizierten Geschäftsführer:innen erforderlich. Werden dennoch disqualifizierte Geschäftsführer:innen bestellt, so sind die Bestellung und etwaige gesetzte Vertretungshandlungen allerdings grundsätzlich wirksam.
Disqualifizierte Geschäftsführer:innen dürfen weiters nicht in das Firmenbuch eingetragen werden (das Firmenbuchgericht prüft dies durch Abfrage aus dem Strafregister) bzw sind aus dem Firmenbuch zu löschen – der neue § 19a FBG regelt im Detail das Vorgehen der Firmenbuchgerichte in diesen Fällen.
Nachstehende Grafik bietet einen übersichtlichen Entscheidungsbaum, wie im Falle von disqualifizierten (GmbH) Geschäftsführer:innen vorzugehen ist:
