Änderungen des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes in Begutachtung
Autorinnen: Dr. Stefanie Werinos-Sydow; Mag. Sandra Kasper; Mag. Theresa Karall
Das Niederösterreichische Raumordnungsgesetz (NÖ ROG 2014) soll umfassend novelliert werden. Das Bürgerbegutachtungsfahren lief bis zum 25.09.2020; im Oktober soll die Novelle bereits im Landtag beschlossen werden. Die Kernpunkte der Novelle sind die Schaffung neuer Widmungskategorien für den großvolumigen Wohnbau und für verkehrsbeschränkte Betriebsgebiete, verpflichtende Mobilisierungsmaßnahmen bei Neuwidmungen, Einschränkungen für neue Parkplätze bei Handelsbetrieben und neue Regelungen für Photovoltaikanlagen.
Neue Widmungskategorien
Die neuen Widmungskategorien – „Gebiete für großvolumigen Wohnbau im Wohngebiet“, „Gebiete für großvolumigen Wohnbau im Kerngebiet“, „verkehrsbeschränkte Betriebsgebiete und verkehrsbeschränkte Industriegebiete“ – verfolgen das Ziel, dass die durch solche Bauten verursachten besonderen Auswirkungen auf Gemeinden, wie ua ein starkes Verkehrsaufkommen, bereits im Widmungsverfahren berücksichtigt werden können.
Zukünftig brauchen bspw Wohngebäude mit Geschoßflächen über eins die Widmungskategorie für den großvolumigen Wohnbau. So kann gezielt abgeschätzt werden, wie die Ausnutzung des jeweiligen Bauplatzes für Wohn- und andere Nutzungen künftig aussehen wird. Gleichzeitig geht mit der geplanten Änderung einher, dass auf den aktuell bestehenden Widmungskategorien „Bauland-Wohngebiet“ und „Bauland-Kerngebiet“ die Geschoßflächenzahl nicht über 1 betragen darf.
Neue Betriebssiedlungen, welche mehr als 100 Fahrten pro Tag und Hektar erzeugen, bedürfen künftig der neuen Widmungskategorie für verkehrsbeschränkte Betriebsgebiete, in welcher die Verkehrsströme genauer betrachtet werden. Relevant sind Fahrten mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen.
Mobilisierungsmaßnahmen
Ausdrücklich gesetzlich verankert werden soll die Verpflichtung der Gemeinden, dass im Zusammenhang mit Erst- und Umwidmungen Mobilisierungsmaßnahmen zu ergreifen sind. Solche Mobilisierungsmaßnahmen sind die befristete Widmung vom Grundflächen und der Abschluss von Raumordnungsverträgen zwischen Grundeigentümer und Gemeinde.
Festgeschrieben wird, dass bei neu gewidmetem Bauland maximal eine Befristung von sieben Jahren festgelegt werden darf. Eine einmalige Verlängerung um drei Jahre ist unter bestimmten Umständen möglich.
Sofern nach Ablauf mit keiner, der Widmung entsprechenden, Bebauung begonnen wurde, tritt die im Rahmen der Erstwidmung festgelegte Folgewidmung ein. Als Folgewidmung kommt gemäß Novellenentwurf nur die Widmung vor der Erstwidmung des Baulandes oder, soweit die Voraussetzungen dafür vorliegen, eine sonstige Widmungsart des Grünlandes oder Verkehrsfläche in Betracht.
Eine weitere Option, sofern das Bauland nicht fristgerecht bebaut wird, ist der Ankauf durch die Gemeinde.
Zu beachten ist, dass Gemeinden keine zwingenden Mittel zur Zielerreichung vorgegeben werden. Vielmehr ist ausschlaggebend, dass zum Zeitpunkt der Ausweisung von Bauland die gesicherte Prognose möglich ist, dass das Bauland nicht gehortet sondern zweckentsprechend genutzt werden wird.
Einschränkung für neue Parkplätze
Nur ein geringfügiger Anteil an Kundeparkplätzen bei Handelsbetrieben soll zukünftig auf ebenerdige Flächen hergestellt werden. Aktuell ist es noch so, dass bei der Errichtung großer Handelseinrichtungen wertvolle Grundflächen im großen Ausmaß für die Herstellung von Kundenparkplätzen im Freien genützt werden. Dies widerspricht klar dem Grundsatz der sparsamen Grundinanspruchnahme.
Im Einklang mit dem einleitend definierten Ziel, sollen in Zukunft Stellplätze vorrangig im Betriebsbauwerk (zB Parkdecks) oder über Gebäudeteilen des Betriebsbauwerks (zB am Dach der Betriebsanlage) errichtet werden. Handelsbetriebe mit einer Verkaufsfläche von bis zu 750 m² dürfen das eineinhalbfache der gesetzlich vorgeschriebenen Parkplätze ebenerdig im Freien errichten; bei Handelsbetrieben mit einer Verkaufsfläche von über 750 m² ist es sogar nur mehr die gesetzlich vorgeschriebene Anzahl an Parkplätzen.
Neue Regelungen für Photovoltaikanlagen
Die Errichtung und Nutzung von großflächigen Photovoltaikanlagen spielt einen wesentlichen Faktor in der Erreichung der Ziele des Niederösterreichischen Energiefahrplans.
Gleichzeitig stehen derartige Anlagen in Konkurrenz mit der landwirtschaftlichen Nutzung einer Fläche und haben zudem erhebliche Auswirkungen auf das Landschaftsbild. Zudem ist die Kapazität der Umspannwerke, welche den aus Photovoltaikanlagen erzeugten Strom aufnehmen, begrenzt. Ein Wettlauf um diese knappen Einspeisungskapazitäten zeichnet sich ab. Es wird laut Erläuterungen der Novelle befürchtet, dass dabei die schnellsten Betreiber und nicht die besten Standorte gewinnen werden.
Geplant ist daher die Festlegung von Flächen in der Widmung „Grünland-Photovoltaikanalgen“, auf welcher die Errichtung der Photovoltaikanlagen auf über 2 ha zulässig sein wird. Die Landesregierung wird Zonen, welche zur Grünland-Photovoltaikanlagenwidmung in Frage kommen, vorweg in einem überörtlichen Raumordnungsprogramm festlegen.
Bei der Widmung einer Fläche für Photovoltaikanlagen ist insbesondere auf die Erhaltung der Nutzbarkeit hochwertiger landwirtschaftlicher Böden, die Geologie, die Interessen des Naturschutzes bzw übergeordnete Schutzgebietsfestlegungen, den Schutz des Orts- und Landschaftsbildes, die vorhandenen und geplanten Transportkapazitäten der elektrischen Energie (Netzinfrastruktur) sowie die Vermeidung einer Beeinträchtigung des Verkehrs Bedacht zu nehmen.
Ausblick
Das Land Niederösterreich setzt mit dem geplanten Bodenschutzpaket ein klares Zeichen hin zur Ressourcenschonung der Böden, zum Klimaschutz und zur überregionalen Abstimmung und strategischen Planung zum Schutz der Lebens- und Wirtschaftsqualität.
Es bleibt mit Spannung zu erwarten, wie der Landtag beschließen wird und welche Auswirkungen und Entwicklungen die Neuerungen im NÖ ROG mit sich bringen werden. Stay tuned!
Die Praxisgruppe Public & Regulatory Law berät und vertritt Sie nicht nur bei Fragen rund um raumordnungsrechtliche Themenstellungen, sondern in allen Bereichen des öffentlichen Wirtschaftsrechts, insbesondere in den Bereichen Vergaberecht, Energierecht, Umweltrecht, Planungsrecht, Mobilitätsrecht und Life Science.