Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2023 (GesRÄG 2023): Einführung der Flexiblen Kapitalgesellschaft und Herabsetzung des Mindeststammkapitals der GmbH auf EUR 10.000
Autorinnen: MMag. Verena Heffermann; Dr. Isabella Lechner.
Am 26. Mai 2023 wurde – gemeinsam mit dem Start-up-Förderungsgesetz – der Entwurf des GesRÄG 2023 veröffentlicht, das für Start-ups bzw Neugründungen erhebliche Anreize und Erleichterung schaffen soll. Insbesondere soll die neue Gesellschaftsform der Flexiblen Kapitalgesellschaft (FlexKapG) eingeführt sowie Beteiligungen daran erleichtert werden. Durch das Start-up-Förderungsgesetz werden die sogenannten Start-Up-Mitarbeiterbeteiligungen einer begünstigten Besteuerung unterworfen.
Die FlexKapG (auch: FlexCo) wird eine Hybridform zwischen GmbH und AG einnehmen, jedoch grundsätzlich auf dem GmbH-Gesetz aufbauen, das auch subsidiär anzuwenden sein wird.
Zudem soll für GmbHs generell das Mindeststammkapital auf EUR 10.000 und die Mindesteinzahlung auf EUR 5.000 gesenkt werden; die 10-Jahres-Frist der Gründungsprivilegierung (dh die Aufzahlung auf EUR 35.000 bzw EUR 17.500) soll zur Gänze entfallen.
Eckpunkte Flexible Kapitalgesellschafts-Gesetz (FlexKapGG)
- Rechtsformzusatz
- Flexible Kapitalgesellschaft bzw FlexKapG
- Flexible Company bzw FlexCo
- Stammkapital mind EUR 10.000
- davon mind EUR 5.000 eingezahlt
- Mindeststammeinlage einer Gesellschafter:in EUR 1
- Mindesteinzahlung pro Gesellschafter:in: ein Viertel der (baren) Stammeinlage
- Sacheinlage möglich (Gründungsprüfung wie bei GmbH)
- Vereinfachte Willensbildung
- Schriftliche Gesellschafterbeschlüsse generell zulässig → es müssen nicht mehr alle Gesellschafter:innen einem Umlaufbeschluss explizit zustimmen (anders als § 34 GmbHG)
- Stimmabgabe in Textform (auch ohne eigenhändige Unterschrift, zB durch E-Mail) kann im Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden
- Unternehmenswert-Anteile (UW-A)
- UW-A können im Ausmaß von unter 25% des Stammkapitals ausgegeben werden
- Nennbetrag mind 1 Cent
- Stammeinlage voll einzuzahlen
- Beteiligung am Substanzwert (Bilanzgewinn und Liquidationserlös) im Verhältnis der Stammeinlagen
- Abweichung möglich, sofern Gleichbehandlung mit Gründungsgesellschaftern
- Keine Eintragung der Unternehmenswert-Beteiligten im Firmenbuch, nur im (internen) Anteilsbuch (analog zu Aktienbuch), aber die Namensliste und Anteilsliste sind spätestens 9 Monate nach Bilanzstichtag beim Firmenbuch einzureichen → Namensliste wird veröffentlicht (Aufnahme in Urkundensammlung)
- Unternehmenswert-Beteiligte (UW-B) haben
- kein Stimmrecht, nur Teilnahmerecht an Generalversammlung mit Frage- und Auskunftsrecht
- kein Anfechtungsrecht
- keine Nachschusspflicht
- keine Ausfallshaftung
- kein Bezugsrecht bei Kapitalerhöhungen
- aber Mitverkaufsrecht bei mehrheitlichem Verkauf der Gründungsgesellschafter
- Informations- und Einsichtsrechte in „Bücher und Schriften“, dh idR Buchhaltung, Jahresabschluss und (rechtliche) Dokumente
- Steuerliche Vergünstigungen für UW-A von Mitarbeiter:innen, sofern sie Start-Up-Mitarbeiterbeteiligungen nach § 67a EStG (neu) darstellen → werden iW erst bei Realisierung, Aufhebung der Vinkulierung oder Beendigung des Dienstverhältnisses (anstatt bei Zuteilung) besteuert, und zwar
- 75% des Veräußerungsgewinns (bzw des Verkehrswerts): mit 27,5%
- 25% des Veräußerungsgewinns (bzw des Verkehrswerts): nach Tarif
- Voraussetzungen:
- Ausgabe der UW-A unentgeltlich (bzw zum Nennwert) binnen 10 Jahren nach Gründungsjahr
- max 100 Arbeitnehmer:innen im Jahresdurchschnitt
- max EUR 40 Mio Umsatz
- keine vollständige Einbeziehung in einen Konzernabschluss
- Veräußerung/Übertragung nur mit Zustimmung der Arbeitgeber:in möglich (Vinkulierung)
- Pro Arbeitnehmer:in max 10% Beteiligung
- Dienstverhältnis seit mind 3 Jahren (im Zeitpunkt der Realisierung)
- Realisierung nach Ablauf von 5 Jahren
- Vereinfachte Anteilsübertragung
- (Reguläre) Geschäftsanteile: Beurkundung durch Notar:in oder Rechtsanwält:in à kein Notariatsakt notwendig!
- UW-A: Schriftform ausreichend
- Geschäftsanteile:
- Generell teilbar
- Können von der Gesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen selbst erworben oder in Pfand genommen werden (bis 1/3 des Stammkapitals)
- Ausgabe von Stückanteilen (Nennwert mind EUR 1) möglich
- Flexible Kapitalmaßnahmen bzw Umstrukturierung
- Bedingte Kapitalerhöhung, zB zur Gewährung von Bezugsrechten oder zur Gewährung von Anteilsoptionen an Mitarbeiter:innen
- Genehmigtes Kapital zur potenziellen Ausgabe neuer Geschäftsanteile binnen 5 Jahren nach Eintragung der Gesellschaft ins Firmenbuch
- Umwandlung von UW-A in Geschäftsanteile möglich
- Umwandlung von GmbH oder AG in FlexKapG (und vice versa)
- Geschäftsführer:innen können für 5 Jahre zur Ausgabe von Finanzierungsinstrumenten mit späteren Bezugs- und Wandlungsrechten ermächtigt werden.
Fazit
Nach einer langen Vorlaufzeit dürfte die (früher als „Austrian Limited“ titulierte) FlexKapG nun endlich Wirklichkeit werden. Sie wird nicht nur der Flexibilisierung bzw Erleichterung der Unternehmensgründung dienen, sondern vor allem auch den notwendigen Gründungsaufwand erheblich reduzieren. Damit wird auch eine Senkung der Mindest-KöSt auf EUR 500 einhergehen. Das Gesetz soll ab 1. November 2023 in Kraft treten. Danach muss bei jeder angemeldeten Änderung eines GmbH-Gesellschaftsvertrags auch die Gründungsprivilegierung beseitigt werden. Mit Inkrafttreten des Gesetzes könnten bestehende GmbHs und AGs in FlexKapG umgewandelt werden.
Die Start-Up-Mitarbeiterbeteiligungen sind übrigens nicht auf FlexKapG beschränkt, sondern können auch an GmbHs und AGs eingeräumt werden – allerdings generell nicht an solchen Gesellschaften, die zu einem Konzern gehören.
Insgesamt bleibt abzuwarten, ob bzw mit welchen Änderungen der aktuell vorliegende Gesetzesentwurf beschlossen wird. Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Haben Sie Fragen oder benötigen Sie Unterstützung iZm oben genannten Themen? Wir sind gerne für Sie da und freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!
Links
Ministerialentwurf zum Flexible Kapitalgesellschafts-Gesetz – FlexKapGG; Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2023 – GesRÄG 2023, Änderung (276/ME)
Erläuterungen zum vorgenannten Ministerialentwurf