Neues zum Erwachsenenschutz
Autor:innen: Mag. Daniela Steiner; Mag. Sofya Usmanova; Mag. Samir Pajalic
Seit 1.7.2018 gilt das neue Erwachsenenschutz-Gesetz, welches vier Arten der Vertretungsmöglichkeit für Personen, die in ihrer Entscheidungsfähigkeit beeinträchtigt sind, vorsieht. Was es dabei zu berücksichtigen gilt, haben wir im Folgenden für Sie kurz im Überblick zusammengefasst.
1. Die Vorsorgevollmacht
Für den Fall des Verlustes der Entscheidungsfähigkeit besteht die Möglichkeit, im Vorhinein für bestimmte Angelegenheiten oder bestimmte Arten von Angelegenheiten eine oder mehrere Personen zur Besorgung dieser Angelegenheiten zu bevollmächtigen.
Worauf ist zu achten?
- Die Vorsorgevollmacht muss höchstpersönlich (also nicht durch einen Vertreter) erteilt werden.
- Der Vollmachtgeber kann nur im Rahmen seiner eigenen Entscheidungsfähigkeit Vorsorgevollmacht erteilen.
- Die Errichtung der Vorsorgevollmacht ist ausschließlich schriftlich nach Belehrung über die Rechtsfolgen und Gestaltungsmöglichkeiten vor einem Notar, Rechtsanwalt oder Erwachsenenschutzverein zulässig. Sollen Rechte an Unternehmen, Stiftungen, Liegenschaften oder im Ausland befindliche Vermögenswerte Gegenstand der Vollmacht sein, kann diese nur vor einem Notar oder Rechtsanwalt errichtet werden.
- Die Vorsorgevollmacht muss für ihre Wirksamkeit im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) registriert werden.
- Gegenstand der Vorsorgevollmacht kann nicht jedes beliebige Rechtsgeschäft sein – ausgenommen sind etwa höchstpersönliche Rechtsgeschäfte wie etwa die Eheschließung, die einvernehmliche Ehescheidung oder die Errichtung letztwilliger Verfügungen.
- Die Besorgung bestimmter Angelegenheiten erfordert die Genehmigung des Gerichtes – zum Beispiel die dauerhafte Verlegung des Wohnortes ins Ausland oder im Falle einer medizinischen Behandlung, sofern Vertreter und Vertretener darüber uneinig sind.
- Die Vorsorgevollmacht kann bei wiedererlangter Entscheidungsfähigkeit jederzeit widerrufen werden.
Zur besseren Kontrolle kann der Vollmachtgeber Leitlinien für erwartete Entscheidungen vorgeben und mehrere Personen als Gesamtvertreter bevollmächtigen, die sich gegenseitig überprüfen.
2. Die gewillkürte Erwachsenenvertretung
Ist man in seiner Entscheidungsfähigkeit zwar bereits eingeschränkt, aber noch in der Lage, zumindest in Grundzügen die Tragweite einer Bevollmächtigung zu verstehen, so bietet anstatt der Vorsorgevollmacht die gewillkürte Erwachsenenvertretung vergleichbare Möglichkeiten.
Worauf ist zu achten?
- Auch die gewillkürte Erwachsenenvertretung kann nur höchstpersönlich erteilt werden.
- Als Vertreter kommen eine oder mehrere „nahestehende“ Personen in Betracht, unabhängig von einem Verwandtschaftsverhältnis – auch ein nahestehender Nachbar könnte somit als Vertreter gewählt werden.
- Zwischen Vertretenem und Vertreter muss ein Auftragsverhältnis vorliegen – das bedeutet eine Verpflichtung des Vertreters, tätig zu werden.
- Die Errichtung muss schriftlich nach Belehrung über die Folgen der Vertretung sowie die Rechte und Pflichten des Vertreters und die Möglichkeit des Widerrufs vor einem Notar, Rechtsanwalt oder Erwachsenenschutzverein erfolgen.
- Für die Wirksamkeit der Vertretung ist die Eintragung im ÖZVV erforderlich.
- Hinsichtlich des Gegenstandes der Vertretung, bestehen dieselben Grenzen wie bei der Vorsorgevollmacht.
- Die gewillkürte Erwachsenenvertretung kann wie die Vorsorgevollmacht widerrufen werden.
Auch die gewillkürte Erwachsenenvertretung erlaubt es, mehrere Vertreter zu ernennen, wobei diese im Unterschied zur Vorsorgevollmacht nur in unterschiedlichen Wirkungsbereichen eingesetzt werden dürfen. Damit entfällt zwar die Möglichkeit der gegenseitigen Kontrolle, allerdings ist die gerichtliche Kontrolle stärker ausgeprägt. Zum Beispiel erfordern wirtschaftliche Handlungen größerer Tragweite eine gerichtliche Genehmigung.
3. Die gesetzliche Erwachsenenvertretung
Gibt es weder einen Vorsorgebevollmächtigten noch einen gewillkürten Erwachsenenvertreter, können nächste Angehörige die entscheidungsunfähige Person vertreten.
Worauf ist zu achten?
- Zur Wirksamkeit bedarf es der Eintragung in das ÖZVV, die auf Anfrage des potentiellen Vertreters durch einen Notar, Rechtsanwalt oder Erwachsenenschutzverein vorzunehmen ist –der Vertreter muss also selbst aktiv werden.
- Die gesetzliche Erwachsenenvertretung ist maximal drei Jahre gültig. Danach kann diese bei Vorliegen der Voraussetzungen erneut eingetragen werden.
- Erlangt der Vertretene während aufrechter Erwachsenenvertretung seine Entscheidungsfähigkeit wieder, bleibt die Erwachsenenvertretung bis zu deren Löschung aus dem ÖZVV nach außen hin wirksam.
- Die Vertretungsbefugnis erstreckt sich auf nahezu alle nicht höchstpersönlichen Rechtsgeschäfte.
4. Die gerichtliche Erwachsenenvertretung
Ist weder ein Vorsorgebevollmächtigter noch ein gewillkürter noch ein gesetzlicher Erwachsenenvertreter eingesetzt, kann das Gericht für höchstens drei Jahre einen Erwachsenenvertreter bestellen. Dieser kann mit der Besorgung einzelner oder bestimmter Arten von Angelegenheiten betraut werden. Dies entspricht im Wesentlichen der bisherigen Sachwalterschaft.
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