Schutz vor der Privatisierung von Trinkwasser
Seit Kurzem dominieren wieder Themen zur Liberalisierung, Privatisierung und dem Verkauf des österreichischen Wassers die österreichische Medienlandschaft. Kürzlich gab nach entsprechender Einigung im Verfassungsausschuss auch das Nationalrats- sowie das Bundesratsplenum mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit grünes Licht für die verfassungsrechtliche Absicherung der öffentlichen Wasserversorgung.
Beschlossene Änderungen
Konkret wird es künftig im bereits existierenden Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung, BGBl. I Nr. 111/2013, welches bereits bisher in § 4 die Wasserversorgung als Teil der Daseinsvorsorge proklamiert, heißen:
„Die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zur Wasserversorgung als Teil der Daseinsvorsorge und zu ihrer Verantwortung für die Sicherung deren Erbringung und Qualität, insbesondere dazu, das öffentliche Eigentum an der Trinkwasserversorgung und die Verfügungsgewalt darüber im Interesse von Wohl und Gesundheit der Bevölkerung in öffentlicher Hand zu erhalten“.
Durch die Sicherstellung der Wasserversorgung als Teil der Daseinsvorsorge sollen „Marktliberalisierungstendenzen der Europäischen Union“ entgegengewirkt werden. Weiters werden die Änderungen im Wesentlichen mit dem Argument begründet, dass „Profit- und Konzerninteressen“ hintangehalten werden. Wichtig ist, dass Trinkwasser weiterhin in sehr hoher Qualität und zu angemessenen Preisen zur Verfügung gestellt wird.
Es ist derzeit noch nicht klar, welche konkreten Änderungen die verfassungsrechtliche Absicherung der Trinkwasserversorgung mit sich bringen wird und wie die aktuelle Rechtslage beeinflusst wird.
Wie sieht die derzeit geltende Rechtslage aus? Wie wichtig ist die Erweiterung der Staatszielbestimmung?
Rechtslage in den Bundesländern
Ein Blick in die Bundesländer zeigt, dass der Umgang mit kommunalen Wasserversorgungsanlagen teilweise unterschiedlich geregelt ist.
Wasserversorgung als subsidiäre Pflicht
In Vorarlberg beispielsweise sieht das Vorarlberger Wasserversorgungsgesetz vor, dass Gemeinden für die Errichtung und den Betrieb von kommunalen Wasserversorgungsanlagen subsidiär verpflichtend zu sorgen haben. Diese Verpflichtung besteht nicht, wenn eine entsprechende Wasserversorgung auf andere Weise gesichert ist. In Vorarlberg befindet sich die öffentliche Trinkwasserversorgung großteils in öffentlicher Hand. Jedoch sind unter Gemeindewasserversorgungsanlagen auch die Gesamtheit aller Einrichtungen zu verstehen, die einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gehört, an der eine Gemeinde mit mindestens 51% beteiligt ist. Dies bedeutet, dass auch die Beteiligung Privater an einer Wasserversorgungsanlage nach der aktuellen Rechtslage in Vorarlberg möglich ist, wobei die öffentliche Hand immer Mehrheitseigentümer zu sein hat.
Wasserversorgung im Ermessen der Gemeinden
Im Gegensatz zu Vorarlberg, wo jedenfalls eine subsidiäre Verpflichtung der Gemeinden zur Wasserversorgung besteht, schaut die Rechtslage in den übrigen Bundesländern anders aus. Hier liegt der Betrieb einer Wasserversorgungsanlage im Ermessen der Gemeinden – daher eine freiwillige Aufgabe der Gemeinde.
In Kärnten müssen die Gemeinden die Wasserversorgung sicherstellen. Jedoch müssen sie die Aufgabe nicht selbst übernehmen, sie können sich auch einer natürlichen oder nicht- natürlichen Person – beispielsweise einer GmbH oder einer AG – bedienen.
Fazit
Bei genauerer Betrachtung der einschlägigen landesgesetzlichen Regelungen erkennt man, dass Gemeinden die Wasserversorgung selbst, durch einen eigenen ausgegliederten Rechtsträger, gemeinsam mit einem Privaten oder aber nur durch einen Privaten erbringen lassen können. Sehr wohl haben Gemeinden aber die Aufgabe, bestehende Gemeindewasserleitungen zu erhalten und zu warten.
Zudem ist in fast allen landesgesetzlichen Bestimmungen der Anschlusszwang verankert, demzufolge Gebäude, welche im räumlichen Nahebereich einer gemeinnützigen öffentlichen Wasserversorgungsanlage stehen, grundsätzlich an diese angeschlossen werden müssen.
Ausblick
Obwohl sich in vielen der relevanten Bestimmungen der Daseinsvorsorgegedanke wiederspiegelt und sich in sechs Landesverfassungen Staatsziele betreffend das Wasser befinden, richten sich diese aktuell eher auf den Schutz der Umwelt und nicht auf die Verhinderung der Privatisierung des Wassers.
Auch finanzielle Aspekte müssen im Zusammenhang damit berücksichtigt werden. Viele Gemeinden übertragen die Erhaltung der Wasserversorgungsanlagen an private Anbieter, da die finanziellen Ressourcen nicht gegeben sind. Die öffentliche Hand wird sich somit auch Gedanken machen müssen, welche finanziellen Unterstützungen, zB Förderungen, Gemeinden für den Betrieb und die Erhaltung von Wasseranlagen erhalten.
Die weiteren Entwicklungen in Zusammengang mit der verfassungsrechtlichen Absicherung des Trinkwassers, insbesondere deren Umsetzung und die damit einhergehenden Änderungen auf landesgesetzlicher Ebene, sind mit Spannung zu erwarten.
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Autorinnen: Dr. Stefanie Werinos-Sydow; Mag. Theresa Karall
