Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie für grenzüberschreitende Umgründungen
Kürzlich wurde der österreichische Gesetzesentwurf für die Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie (Richtlinie 2019/2121; EU-MobilitätsRL) veröffentlicht. Danach sollen grenzüberschreitende Sitzverlegungen sowie die Verschmelzung und Spaltung von Kapitalgesellschaften über die Grenze vereinfacht werden. Die Umsetzung soll insbesondere durch das nationale EU-Umgründungsgesetzs (EU-UmgrG) erfolgen.
Ziel der Richtlinie ist die Erhöhung der Mobilität von Kapitalgesellschaften. Für Kapitalgesellschaften gab es bisher nur die Möglichkeit, grenzüberschreitende Verschmelzungen auf Basis des EU-Verschmelzungsgesetzes sowie Sitzverlegungen auf Basis von Rechtsprechung durchzuführen. Vor allem die Sitzverlegung stieß aber in der Praxis auf Hürden bei den Registergerichten. Durch die Umsetzung der EU-MobilitätsRL sollen zusätzliche Regelungen bzw. eine rechtssichere Basis für (i) grenzüberschreitende Verschmelzungen, (ii) grenzüberschreitende Umwandlungen (Sitzverlegungen) sowie (iii) grenzüberschreitende Spaltungen innerhalb der EU-Staaten geschaffen werden.
Überblick
1. Grenzüberschreitende Verschmelzungen
In Bezug auf grenzüberschreitende Verschmelzungen soll es künftig insbesondere wesentliche Erleich-terung für Joint Ventures geben, dh. bei Verschmelzungen zwischen Unternehmen, die im Eigentum verschiedener Personen stehen.
2. Grenzüberschreitende Umwandlung
Die grenzüberschreitende Umwandlung (zu verstehen als Sitzverlegung) soll auf eine rechtssichere Grundlage gestellt und gesetzlich geregelt werden. Eine Kapitalgesellschaft, die nach dem Recht eines (Wegzugs-) Mitgliedstaats gegründet wurde oder dessen Recht unterliegt und satzungsmäßigen Sitz, Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung in einem Mitgliedstaat hat, soll unter Beibehaltung ihrer Rechtspersönlichkeit in eine dem Recht eines anderen (Zuzugs-)Mitgliedstaats unterliegende Kapitalgesellschaft umgewandelt werden können.
Diesbezüglich sieht der Gesetzesentwurf sowohl entsprechende Regelungen zur Hinausumwandlung (eine österreichische Kapitalgesellschaft verlegt ihren Sitz in ein anderes EU-Land) und Hereinumwand-lung (eine ausländische Kapitalgesellschaft verlegt ihren Sitz aus einem anderen EU-Land nach Österreich) vor.
3. Grenzüberschreitende Spaltung
Schließlich wird auch die (direkte) grenzüberschreitende Spaltung von Kapitalgesellschaften erstmalig zugelassen. Bisher hatte sich die Praxis damit geholfen, in dem innerstaatlich zuerst eine Spaltung durchgeführt und im Anschluss eine Sitzverlegung oder Verschmelzung der gespaltenen Gesellschaft über die Grenze vorgenommen wurde. Bedeutend ist, dass die Mobilitätsrichtlinie sowie der Gesetzesentwurf ausdrücklich nur die Spaltung zur Neugründung vorsehen, sodass voraussichtlich die bisherige Praxis zum Teil fortgeführt werden wird.
4. Überblick über ausgewählte Neuerungen
• Im Folgenden möchten wir einzelne inhaltliche Neuerungen hervorheben:
Bei grenzüberschreitenden Umwandlungen hat ein unabhängiger Sachverständiger den Plan für die grenzüberschreitende Umwandlung zu prüfen und einen Bericht zu erstellen. Bisherige Gesellschafter können ihr Ausscheiden gegen (angemessene) Barabfindung verlangen, wenn sie gegen die Umwandlung Widerspruch erklärt haben. Ebenso können jene Gläubiger, die durch eine Heraus-Umwandlung gefährdet werden, Sicherstellung verlangen.
• Bei der grenzüberschreitenden Spaltung kann jeder Gesellschafter, der durch die Spaltung an der ausländischen Gesellschaft beteiligt wird, ebenfalls seine Anteile abgeben und gegen an-gemessen Barabfindung ausscheiden.
• In Bezug auf das Firmenbuchverfahren darf die Eintragung nicht vor Ablauf der Fristen zur Annahme eines etwaigen Barabfindungsangebots und der Geltendmachung von Sicherstellungsansprüchen der Gläubiger erfolgen. Darüber hinaus soll es erstmalig eine vom Firmenbuchgericht durchzuführende Missbrauchskontrolle geben. Diese soll den Einsatz grenzüber-schreitender Umgründungen zu missbräuchlichen oder betrügerischen Zwecken (etwa sich dem Unionsrecht oder dem nationalen Recht zu entziehen) verhindern.
• Schließlich sieht der Gesetzesentwurf eine explizite Regelung zur Haftung der Organmitglieder gegenüber der Gesellschaft vor, wenn diese durch eine grenzüberschreitende Umgründung geschädigt wird.
5. Gesetzgebungstechnik
Die Umsetzung der EU-MobilitätsRL führt zu entsprechenden Änderungen auf gesetzlicher Ebene. Insbesondere soll das EU-Umgründungsgesetzes (EU-UmgrG), welches das EU-Verschmelzungsgesetz ersetzen soll, erlassen werden. Darüber hinaus soll auch das Gesellschafts-rechtliche Mobilitätsgesetz (GesMobG) geschaffen werden, wonach Änderungen im Firmenbuchgesetz, Rechtspflegergesetz, Übernahmegesetz sowie Gerichtsgebührengesetz vorgenommen werden.
Ausblick: Die Begutachtungsfrist des Gesetzesentwurfes läuft bis 24. Februar 2023. Es ist damit zu rechnen, dass die Regierungsvorlage und ein entsprechender Beschluss im Nationalrat noch im ersten Halbjahr 2023 erfolgen werden.