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09.04.2020

Vorabentscheidungsersuchen des OGH zur Frage der Anwendung des Doppelbestrafungsverbotes in Kartellrechtssachen

Autor: Dr. Konstantin Köck, LL.M. MBA LL.M.

In einem aktuellen Verfahren (16 Ok 2/19h) muss der OGH als Kartellobergericht über einen Rekurs der Bundeswettbewerbsbehörde wegen der Abweisung von zwei Geldbußenanträgen und eines Feststellungsantrages entscheiden. Dies hat der OGH zum Anlass genommen, dem EuGH vier Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Ausgangsfall

 Im Jahr 2014 hat das deutsche Bundeskartellamt Bußgelder in Höhe von rund EUR 280 Mio gegen drei große deutsche Zuckerhersteller sowie gegen sieben persönlich Verantwortliche wegen wettbewerbsbeschränkender Gebiets-, Quoten- und Preisabsprachen verhängt.

Die Verstöße bezogen sich auf Zucker für die weiterverarbeitende Industrie (sog. Verarbeitungszucker) und Zucker für Endverbraucher (sog. Haushaltszucker). Sie wurden bis zur Durchsuchung des Bundeskartellamtes im Jahre 2009 über viele Jahre praktiziert und reichten teilweise bis in die Mitte der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts zurück.

Das Zuckerkartell machte vor Österreich nicht halt, weshalb auch hierzulande Ermittlungen seitens der Bundeswettbewerbsbehörde aufgenommen wurden. Diese mündeten in einem Geldbußenantrag beim Kartellgericht. Im Konkreten wurde die Verhängung einer Geldbuße in Höhe von rund EUR 28 Mio über zwei der drei am Kartell beteiligten Zuckerhersteller beantragt. Dem dritten Zuckerhersteller wurde der Kronzeugenstatus zuerkannt, da er bei der Aufdeckung des Kartells entscheidend mitgewirkt hatte. Daher beantragte die Bundeswettbewerbsbehörde nur die Feststellung, dass der dritte Zuckerhersteller gegen das Kartellverbot verstoßen hat, nicht aber die Verhängung einer Geldbuße.

Das Kartellgericht wies die Anträge der Bundeswettbewerbsbehörde ab. In Bezug auf den Feststellungsantrag sei nach Ansicht des Erstgerichtes zu beachten, dass die Bundeswettbewerbsbehörde kein berechtigtes Interesse an einer Feststellung gegenüber einem Unternehmen habe, bei dem sie im Hinblick auf die Anwendung der Kronzeugenregelung von der Beantragung einer Geldbuße Abstand genommen hat. Was die anderen beiden Zuckerhersteller anlangt, konnte das Kartellgericht zum einen keinen Verstoß gegen das Kartellverbot erkennen; zum anderen gelangte das Kartellgericht zu dem Ergebnis, das eine neuerliche Sanktionierung dem Doppelbestrafungsverbot widerspreche, da eine andere nationale Wettbewerbsbehörde, nämlich das deutsche Bundeskartellamt, bereits über den selben Sachverhalt geurteilt und eine Geldbuße verhängt hat.

Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH

Gegen die Entscheidung des Kartellgerichtes erhob die Bundeswettbewerbsbehörde Rekurs an den OGH als Kartellobergericht. Dieser legte nunmehr dem Europäischen Gerichtshof vier Fragen vor, mit denen geklärt werden soll, ob dessen bisherige Judikatur zum Doppelbestrafungsverbot in Wettbewerbssachen auch dann anwendbar bleibt, wenn mehrere nationale Wettbewerbsbehörden jeweils europäisches Wettbewerbsrecht anwenden, und ob in diesem Fall das „gleiche geschützte Rechtsgut“ als drittes der in der Rechtsprechung des EuGH aufgestellten Kriterien für die Anwendbarkeit des Grundsatzes „ne bis in idem“ vorliegt.

Weiters hat der OGH in seinem Vorabentscheidungsersuchen den EuGH um Klarstellung gebeten, ob es für die allfällige Anwendung dieses Grundsatzes von Bedeutung ist, ob die erste mit Geldbuße vorgehende nationale Wettbewerbsbehörde in tatsächlicher Hinsicht die Auswirkungen des Wettbewerbsverstoßes im jeweiligen anderen Land berücksichtigt hat.

Zuletzt soll durch den EuGH klargelegt werden, ob auch in einem Verfahren, das wegen des Kronzeugenstatus eines Kartellbeteiligten nur zur Feststellung von dessen Zuwiderhandlung gegen EU-Wettbewerbsrecht führen kann, ebenfalls von einem vom Doppelbestrafungsverbot beherrschten Verfahren auszugehen ist, oder ob dieses unabhängig vom ersten Geldbußenverfahren geführt werden kann.

Ausblick

Der EuGH hat bisher in ständiger Rechtsprechung die Rechtsansicht vertreten, dass der Grundsatz „ne bis in idem“ nur dann angewandt werden darf, wenn drei kumulative Kriterien („Trias“) in Bezug auf die Idem-Komponente gegeben sind, nämlich a) Identität des Sachverhalts, b) Identität der Zuwiderhandelnden und c) Identität des geschützten Rechtsguts. Dieser Rechtsprechungslinie liegen Überlegungen zugrunde, die auf das Urteil in der Rechtssache C-14/68, Walt Wilhelm, vom 13.2.1968 zurückgehen und daher in den frühen Jahrzehnten der europäischen Integration angestellt wurden.

Seither wuchsen nationales Recht und Unionsrecht immer stärker zusammen, und es ist ein gewisses Spannungsverhältnis, insbesondere zwischen dem dritten Kriterium der „Trias“, der Identität des Rechtsguts, wie es auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts angewandt wird, und Rechtsakten jüngeren Datums, wie insbesondere Art 50 GRC, aber auch dem 1988 in Kraft getretenen 7. Zusatzprotokoll zur EMRK (7. ZP) oder dem 1990 unterzeichneten Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) erkennbar.

Ob der Grundsatz „ne bis in idem“ auch in einem Fall zu gelten hat, in dem zwei Mitgliedstaaten der Europäischen Union in wettbewerbsrechtlichen Verfahren wegen des gleichen Sachverhalts über die gleiche Person wegen eines während ihrer Mitgliedsschaft in der EU erfolgten Verhaltens nicht nur ihr innerstaatliches Recht, sondern auch EU-Wettbewerbsrecht anzuwenden haben, geht aus der bisherigen Rechtsprechung des EuGH nicht eindeutig hervor. Dieser (insbesondere der Rechtsprechung zu C-17/10, Toshiba) könnte allerdings entnommen werden, dass entscheidend ist, ob in der ersten Sanktionsentscheidung in tatsächlicher Hinsicht die Auswirkungen des wettbewerbswidrigen Verhaltens im anderen Staat Berücksichtigung fanden.

Es bleibt abzuwarten, welche Rechtsansicht der Generalanwalt in seinem Schlussantrag vertreten wird, zumal dieser meist einen großen Einfluss auf die Entscheidung des EuGH hat. In Hinblick auf die genannte Rechtsprechung ist es allerdings wahrscheinlich, dass sowohl der Generalanwalt als auch der EuGH die Anwendung des Doppelbestrafungsverbots in Kartellrechtssachen – sowohl für Geldbußenanträge als auch für Feststellungsanträge – davon abhängig macht, ob die erste mit Geldbuße vorgehende nationale Wettbewerbsbehörde in tatsächlicher Hinsicht die Auswirkungen des Wettbewerbsverstoßes im jeweiligen anderen Land berücksichtigt hat.

Sollte dies der Fall sein, wird der OGH den Rekurs der Bundeswettbewerbsbehörde aller Erwartung nach abweisen, zumal das deutsche Bundeskartellamt die Auswirkungen des Zuckerkartells in Österreich bei seiner Bußgeldentscheidung bereits mitberücksichtigt hat.

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TagsEuGHKartellrechtOGHVorabentscheidungZuckerkartell
Foto von Dr. Michael Lind, LL.M.
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