Internationaler Einsatz von Geschäftsführer:innen – Welche Aspekte gilt es arbeitsrechtlich zu beachten?
(Fremd-)Geschäftsführer:innen sind nach österreichischem Arbeitsrecht in der Regel als echte Arbeitnehmer:innen zu beurteilen, auch wenn sie im Vergleich mit anderen Arbeitnehmer:innen über besondere Befugnisse und Verantwortlichkeiten verfügen. Gerade in internationalen Konzernen kommt es häufig vor, dass Geschäftsführer:innen auch in ausländischen Gesellschaften Managementfunktionen ausüben sollen. Welche vertraglichen Möglichkeiten gibt es, um einen solchen internationalen Einsatz von Geschäftsführer:innen zu regeln? Und welche (arbeits)rechtlichen Aspekte sollten rechtzeitig vor Beginn derartiger Einsätze abgeklärt werden? In diesem Beitrag geben wir Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Rahmenbedingungen, die nach österreichischem Arbeitsrecht zu beachten sind.
Bei der Gestaltung internationaler Einsätze von Geschäftsführer:innen im Konzern sind verschiedene Konstellationen denkbar. In der Praxis werden u.a. häufig die folgenden Gestaltungen gewählt:
- Arbeitskräfteüberlassung: Oft enthalten Geschäftsführer:innen-Dienstverträge eine Verpflichtung zur Übernahme von Managementfunktionen in Konzerngesellschaften. In der Regel wird dabei auch zugleich vorgesehen, dass die Bezüge aus dem Dienstvertrag die Übernahme derartiger Funktionen bereits abgelten sollen und kein weiterer Entgeltanspruch besteht. Die Geschäftsführertätigkeit für die ausländische Konzerngesellschaft wird dann wiederum in der Praxis ohne Abschluss eines zusätzlichen Dienstvertrages mit der jeweiligen Konzerngesellschaft ausgeübt. In der Regel sind derartige Einsätze als Fälle von Arbeitskräfteüberlassung zu qualifizieren. Dabei gilt es zu beachten, dass je nach Land grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung stark reguliert bzw. auch gänzlich unzulässig sein kann und in der Regel die Bestimmungen sämtlicher betroffener Jurisdiktionen zu beachten sind.
- Split Contract: In der Praxis kommt es häufig auch zum Abschluss von gesonderten Dienstverträgen mit jeder Gesellschaft, für die eine Funktion übernommen werden soll. Geschäftsführer:innen haben in diesem Fall somit gleichzeitig mehrere aufrechte Dienstverhältnisse. Gerade wenn mehrere Dienstverträge parallel bestehen, sollten diese (soweit zulässig) aufeinander abgestimmt werden (z.B. Kündigungsfristen etc.). Auch die Arbeitszeit sollte entsprechend auf die diversen Dienstverträge der Geschäftsführer:innen aufgeteilt werden. Eine sorgfältige vertragliche Gestaltung ist auf jeden Fall empfehlenswert.
- Karenzierung: Gerade im Fall zeitlich begrenzter Tätigkeiten für eine Konzerngesellschaft kommt, sofern in diesem Zeitraum keine Leistungen für die andere Gesellschaft erbracht werden sollen, auch eine Karenzierung des ursprünglichen Dienstverhältnisses und Abschluss eines separaten Dienstvertrages mit der ausländischen Konzerngesellschaft in Betracht. In diesem Fall ruhen somit die Hauptleistungspflichten (Arbeits- und Entgeltpflicht) aus dem ursprünglichen Dienstverhältnis, ohne dass das Dienstverhältnis dabei aber zur Gänze beendet wird.
Unabhängig von der konkreten Gestaltung sollten stets insbesondere die folgenden Aspekte berücksichtigt werden:
Gerichtsstand
Eine Tätigkeit in mehreren Ländern kann unter Umständen dazu führen, dass es zu einem Wechsel des Gerichtsstands, also der gerichtlichen Zuständigkeit, für den Fall gerichtlicher Auseinandersetzungen kommt.
Es ist daher ratsam, nach dem jeweiligen Recht der Einsatzländer zu beurteilen, welche Auswirkungen der geplante Einsatz auf den Gerichtsstand haben kann.
Anwendbares Recht
Sobald der Gerichtsstand geklärt ist, sollte im nächsten Schritt nach dem jeweils anwendbaren Kollisionsrecht beurteilt werden, welche Auswirkungen der grenzüberschreitende Einsatz auf das jeweils anwendbare (Arbeits-)Recht haben kann.
Während innerhalb der EU grundsätzlich die sogenannte Rom I-Verordnung zur Anwendung kommt, kann es im Fall eines Gerichtsstandes außerhalb der EU auch zur Anwendbarkeit anderer, nationaler Kollisionsnormen kommen, welche ggf. abweichende Grundsätze bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts vorsehen.
Zudem ist zu beachten, dass gemäß der Rom I-Verordnung unabhängig vom jeweils auf ein Dienstverhältnis anzuwendenden Arbeitsrecht stets sog. Eingriffsnormen zu berücksichtigen sind, die zugleich häufig auch als verwaltungsrechtliche Bestimmungen in den jeweiligen Jurisdiktionen einzuhalten sind.
Sonstige Aspekte
Neben den oben dargestellten Themen müssen im Fall internationaler Einsätze von Geschäftsführer:innen u.a. stets auch ausländerbeschäftigungs- und aufenthaltsrechtliche Aspekte sowie sozialversicherungs- und steuerrechtliche Auswirkungen berücksichtigt werden. Auch aus gesellschaftsrechtlicher Sicht bestehen je nach Einsatzland unterschiedliche gesetzliche Anforderungen für die Übernahme einer Geschäftsführerfunktion.
Zusammenfassend ist es daher jedenfalls empfehlenswert, vor dem Beginn internationaler Einsätze von Geschäftsführer:innen eine umfassende rechtliche Beurteilung vorzunehmen und eine vertragliche Regelung zu erstellen, die u.a. die rechtlichen Besonderheiten des Einsatzlandes und die konkreten Umstände im Einzelfall berücksichtigt.
Gerne unterstützen wir Sie gemeinsam mit unseren Kolleg:innen von PwC P&O sowie unseren Partnerkanzleien aus dem internationalen PwC Legal-Netzwerk in anderen Ländern bei der rechtssicheren Planung und Ausgestaltung internationaler Einsätze von Geschäftsführer:innen.
