Kreditnehmerschutz in Zeiten von COVID-19
Die Einschränkung des öffentlichen Lebens und der wirtschaftlichen Tätigkeit zur Bekämpfung von COVID-19 treffen auch immer mehr Kreditnehmer, weil sie die Kredite in aller Regel aus ihrem laufenden Einkommen oder erzielten Einnahmen bedienen. Da die Wirtschaft mit weitgehenden bis vollständigen Umsatzausfällen und Privatpersonen vielfach mit Einkommenseinbußen konfrontiert sind, verfügen sie oft nicht über die für die Bedienung der Kreditraten erforderliche Liquidität.
Bisher waren Kreditnehmer bei Zahlungsaufschüben auf die Kulanz der kreditgebenden Banken angewiesen. Dies ändert sich – zumindest vorübergehend – in Folge des 4. COVID-19 Gesetzes. Die Regierungsmaßnahme bringt weitreichende Änderungen für Kreditverträge mit sich und führt unter anderem eine gesetzliche Stundung (Moratorium) von Krediten für Kleinunternehmen und Privatpersonen ein. Ziel der Vorschriften soll sein, dass es in der Krisensituation im Falle eines Zahlungsverzugs nicht sofort zur Fälligstellung der Forderungen aus einem Kreditvertrag durch die finanzierende Bank kommt.
Nachfolgend geben wir Ihnen einen kurzen Überblick über die Maßnahmen der Regierung bzw. die Gesetzesänderung:
Was ist eine Stundung?
Bei einer Stundung wird die Fälligkeit bzw Geltendmachung der Forderung und somit der tatsächliche Zahlungszeitpunkt nach hinten verschoben. Während des Zeitraums der Stundung geraten Kreditnehmer somit nicht in Verzug und der Kreditgeber hat keinen Grund zur sofortigen Fälligstellung des Kredits. Normalerweise erfolgt dies auf der Basis einer nachträglichen Vereinbarung zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer. Auf Basis der vorliegenden gesetzlichen Grundlage wird eine entsprechende Vereinbarung jedoch nicht erforderlich sein.
Rahmenbedingungen der Stundung
Privatpersonen und Kleinunternehmen sollen in Folge der Gesetzesänderung während der Corona-Krise in den Genuss einer gesetzlichen Stundung kommen. Eine Stundung kann demgemäß für eine Dauer von drei Monaten erfolgen. Kommt eine einvernehmliche Regelung zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer für den Zeitraum danach nicht zustande, verlängert sich die Stundung um weitere drei Monate. Die Verzinsung der Kreditstundung wird voraussichtlich zu jenem Zinssatz erfolgen, der für den ursprünglichen Kredit gilt.
Die Regierungsmaßnahme findet auf sämtliche Verbraucherkreditverträge Anwendung, die vor dem 15. März 2020 abgeschlossen wurden. Voraussetzung ist, dass der Verbraucher aufgrund der durch COVID-19 hervorgerufenen außergewöhnlichen Verhältnisse Einkommensausfälle hat, die die Erbringung der geschuldeten Leistung unzumutbar machen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn ein angemessener Lebensunterhalt gefährdet ist.
Die Regelung zur gesetzlichen Stundung gilt ferner auch für Kleinunternehmen mit folgenden Kennziffern: Umsatzgrenze von 2 Mio Euro bzw Personal von 10 MitarbeiterInnen. Abermals ist Voraussetzung, dass der Kreditvertrag vor dem 15. März 2020 abgeschlossen wurde und das Unternehmen in Folge von Umständen, die auf COVID-19 zurückzuführen sind, die vertraglich vereinbarten Leistungen nicht erbringen kann oder dem Unternehmen die Erbringung der Leistungen ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen nicht möglich ist.
Die Stundungen treten automatisch in Geltung; Kreditnehmer, die von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch machen möchten, können die Zahlungen zu den ursprünglich vereinbarten Leistungsterminen vornehmen. Diesfalls gilt die gesetzliche Stundung als nicht erfolgt.
Die gesetzliche Stundung von Krediten soll nicht nur den Kreditnehmern selbst helfen. Auch von Kreditinstituten wird die Maßnahme teils positiv beurteilt, da so die fehlenden Einnahmen vor den – oft ausländischen – Konzernzentralen besser gerechtfertigt werden können.
Weitere beschlossene Maßnahmen
Die Gesetzesänderung beinhaltet zudem eine Beschränkung von Verzugszinsen. Demnach werden die Verzugszinsen für sämtliche aufgrund von COVID-19 ausbleibenden Zahlungen zwischen 1. April und 30. Juni auf den gesetzlichen Zinssatz von 4% begrenzt. Diese Regelung gilt für alle Arten von Vertragsverhältnissen und somit auch für Unternehmensgeschäfte, nicht jedoch für gesetzlich gestundete Kredite. Diese gelten nicht als Verzugsfall, weswegen keinerlei Verzugszinsen bezahlt werden müssen.
Zuletzt sieht die Gesetzesänderung vor, dass für vor dem 1. April 2020 eingegangene Vertragsverhältnisse vertraglich vereinbarte Konventionalstrafen nicht zu zahlen sind, wenn der Kreditnehmer in Folge der COVID-19-Pandemie in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt ist oder die Leistung wegen der Beschränkungen des Erwerbslebens nicht erbringen kann.
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Co-Autoren: Dr. Dominik Kurzmann, Matthias Konrad, LL.M.