Update Arbeitsrecht: Kurzarbeit und 2. COVID-19-Gesetz (Stand 26.3.2020)
1. COVID-19-Kurzarbeit – Neues, flexibleres Kurzarbeitsmodell – Grundlagen
Im Fall vorübergehender wirtschaftlicher Schwierigkeiten in Zusammenhang mit COVID-19 besteht zur Sicherung der Arbeitsplätze, Aufrechterhaltung des Know-hows in Unternehmen und Bewahrung der Flexibilität im Personaleinsatz die Möglichkeit der geförderten Einführung von Kurzarbeit im Rahmen eines für die aktuelle Krisensituation geschaffenen Modells.
Mit dem COVID-19-Gesetz (vom 15.3.2020, wirksam ab 1.3.2020) wurde das Arbeitsmarktservicegesetz (AMSG) dahingehend novelliert, dass wirtschaftliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit COVID-19 als relevant für Kurzarbeit eingestuft werden. Weiters wurde die Grundlage dafür geschaffen, dass eine Kurzarbeitsrichtlinie für derartige Fälle eine höhere Beihilfe für Unternehmen vorsehen kann.
Die darauf basierende Bundesrichtlinie Kurzarbeitsbeihilfe (KUA-COVID-19) wurde am 19.3.2020 veröffentlicht und ermöglicht es, beginnend mit 1.3.2020 eine Förderung bei Einführung von Kurzarbeit in Unternehmen zu beantragen. Die Förderung kann zunächst für drei Monate, mit 3-monatiger Verlängerungsmöglichkeit, beantragt werden. Die Richtlinie wurde zuletzt mit 25.3.2020 geändert und sieht in dieser Fassung weitere Änderungen, bspw eine Erweiterung der geförderten Ausfallstunden (tlw in Zeiträumen des Krankenstandes und der Entgeltfortzahlung gem § 1155 ABGB) vor. Die Richtlinie in dieser Letztfassung gilt für Kurzarbeitsprojekte bis 30.9.2020.
Mit der neuerlichen Änderung des AMSG durch das 2. COVID-19-Gesetz (vom 21.3.2020, wirksam ab 1.3.2020) wurde geregelt, dass durch die gewährte Beihilfe auch die erhöhten Aufwendungen des Dienstgebers für die Beiträge zur Sozialversicherung – bereits ab dem ersten Monat der Beihilfengewährung – abzugelten sind.
Aufgrund der aktuell erforderlichen Anlassgesetzgebung werden durch Neuregelungen auch zahlreiche Fragen aufgeworfen. Viele Themen zum Umgang mit der neuen Kurzarbeit, darunter auch HR-Umsetzungs- und Abrechnungsthemen, sind nicht abschließend geklärt. Wir sind bemüht, Sie stets auf dem aktuellen Stand zu halten. Im Folgenden gehen wir auf einzelne aktuelle Themen ein.
2. Eckpunkte der COVID-19-Kurzarbeit
- Die Beihilfe kann für alle Arbeitskräfte beantragt werden, die während des Kurzarbeitszeitraumes weniger arbeiten. Der Arbeitszeitausfall darf im Kurzarbeitszeitraum (bis zu 3 Monaten) nicht unter 10 und nicht über 90% der gesetzlich oder kollektivvertraglich festgelegten Normalarbeitszeit, bei Teilzeitbeschäftigten der vertraglichen Normalarbeitszeit, liegen.
- Auch Lehrlinge, Personen in Eltern- und Altersteilzeit sowie ASVG-versicherte Geschäftsführer/innen sind förderbar. Geringfügig Beschäftigte sind ausgenommen.
- Der Arbeitgeber hat je nach Höhe des Brutto-Entgelts vor Kurzarbeit seinen Arbeitnehmer/innen ein reduziertes Entgelt zu bezahlen:
- bei einem Bruttoentgelt vor Kurzarbeit bis zu € 1.700,- 90% des bisherigen Nettoentgeltes;
- bei einem Bruttoentgelt vor Kurzarbeit bis zu € 2.685,- 85% des bisherigen Nettoentgeltes;
- bei einem Bruttoentgelt vor Kurzarbeit bis zu € 5.370,- 80% des bisherigen Nettoentgeltes.
- Lehrlinge erhalten weiterhin 100% ihrer bisherigen Lehrlingsentschädigung.
- Das Arbeitsmarktservice (AMS) erstattet dem Arbeitgeber im Nachhinein eine Kurzarbeitsbeihilfe, welche in Pauschalsätzen je Ausfallstunde gewährt wird. In den Pauschalsätzen sind Sozialversicherungsbeiträge und die sonstigen lohnbezogenen Dienstgeberabgaben enthalten. Zur Abgeltung der anteiligen Sonderzahlungen sind die Pauschalsätze um ein Sechstel erhöht.
- Die im Abrechnungsmonat maximal förderbaren Ausfallstunden ergeben sich (i) bei Arbeitsleistungen aus der Summe der gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Normalarbeitszeit pro Arbeitnehmer/in abzüglich der geleisteten, vom Arbeitgeber bezahlten Arbeitsstunden; (ii) während eines Krankenstandes abzüglich der tatsächlich vorgesehenen Arbeitsstunden, (iii) während Entgeltfortzahlungen gemäß § 1155 ABGB abzüglich der tatsächlich vorgesehenen Arbeitsstunden.
3. Verbrauch von Urlaub und Zeitausgleich zwingend?
Nach derzeitigem Stand ist eine einseitige, wirksame Anordnung des Verbrauchs von Urlaub im Zusammenhang mit Kurzarbeit nicht zulässig, obgleich der Arbeitgeber gute Gründe hat, auf eine Urlaubsvereinbarung im Zusammenhang mit COVID-19 zu dringen.
Die Kurzarbeitsrichtlinie sieht vor, dass Urlaubsansprüche aus vergangenen Urlaubsjahren sowie Zeitguthaben tunlichst abzubauen sind. Darüber hinaus können Arbeitnehmer/innen bei Verlängerung der Kurzarbeit nochmals zum Verbrauch von bis zu drei Wochen ihres laufenden Urlaubs durch den Arbeitgeber aufgefordert werden. Urlaub und Zeitguthaben können auch während des Kurzarbeitszeitraums verbraucht werden. Der Arbeitgeber hat ein ernstliches Bemühen in Richtung derartiger Urlaubsvereinbarungen nachzuweisen, wenn er Kurzarbeitsbeihilfe beanspruchen möchte.
Damit im Zusammenhang steht die Frage, ob Urlaub gemäß der Neuregelung laut 2. COVID-19-Gesetz während der Kurzarbeit einseitig vom Arbeitgeber angeordnet werden kann (sofern die gesetzlichen Voraussetzungen laut § 1155 ABGB vorliegen). Dies ist derzeit noch nicht abschließend geklärt – wir halten Sie am Laufenden.
4. Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes und Behaltepflicht
Es besteht die Verpflichtung des Arbeitgebers, jenen Beschäftigungsstand aufrecht zu halten, welcher unmittelbar vor Beginn des jeweiligen Kurzarbeitszeitraums bestanden hat (Behaltepflicht). Von der Auffüllpflicht nicht umfasst sind Kündigungen durch den Mitarbeiter, begründete Entlassungen und einvernehmliche Auflösungen, wenn eine Beratung zwischen dem/der betreffenden Arbeitnehmer/in und der Gewerkschaft bzw Arbeiterkammer stattgefunden hat. Als Beschäftigtenstand wird der sog. Gesamtbeschäftigtenstand – je nach Festlegung in der Sozialpartnervereinbarung: – des Unternehmens, des Betriebes oder des Betriebsteiles verstanden, für welches/welchen Kurzarbeit beantragt wird.
Eine zufällige Unterschreitung des Beschäftigtenstands aufgrund der üblichen betrieblichen Fluktuation ist laut der Kurzarbeitsrichtlinie zwar unerheblich, dennoch empfiehlt es sich, allfällige Änderungen (Reduktionen) des Beschäftigtenstandes aufgrund der bestehenden Auffüllpflicht rechtzeitig mit dem Regionalbeirat der zuständigen Geschäftsstelle des AMS abzustimmen oder das in der Richtlinie näher festgelegte Genehmigungsverfahren einzuhalten. Die Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes ist eine wesentliche Voraussetzung der Gewährung der Förderung; eine Missachtung stellt einen Rückforderungstatbestand dar.
Die Dauer der Behaltepflicht nach Ende der Kurzarbeit beträgt einen Monat und bezieht sich nur auf die von der Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmer/innen.
Co-Autorin: Mag. Eva Krichmayr