COVID-19: Gesellschaftsrechtliche Entscheidungsfindung – was ist “remote” möglich? (Teil 2)
Co-Autor:innen: MMag. Verena Heffermann; Dr. Matthias Trummer, MSc
Erleichterungen für Gesellschafterversammlungen und Versammlungen von Organmitgliedern
Die Verbreitung des Corona-Virus stellt uns alle vor neue Herausforderungen und hat Auswirkungen auf sämtliche Lebensbereiche. Was jetzt Vorstände, Geschäftsführer, Aufsichtsräte, Gesellschafter und Aktionäre bei der gesellschaftsrechtlichen Sitzungs- und Entscheidungsarbeit “remote” beachten müssen, steht im Mittelpunkt dieses Blogbeitrags.
In Teil 1 des Beitrags (hier) ging es um Entscheidungsfindung und Sitzungen von Vorständen von Aktiengesellschaften, GmbH-Geschäftsführern und Aufsichtsräten. Inzwischen wurden dafür, wie auch für Gesellschafterversammlungen, weitgehende Erleichterungen gesetzlich vorgesehen.
Seit vergangenem Freitag, 20. März 2020, steht fest, dass die verhängten COVID-19-Maßnahmen zumindest bis 13. April gelten. Doch was bedeutet das Betretungs- und Versammlungsverbot für Generalversammlungen, Hauptversammlungen, Vorstands- oder Aufsichtsratssitzungen, die aufgrund gesetzlicher Fristen oder, weil sie aus sonstigen Gründen dringend erforderlich sind, in diesem Zeitraum abgehalten werden müssen?
Der Gesetzgeber hat hier reagiert und mit dem Gesellschaftsrechtlichen COVID-19-Gesetz (COVID-19-GesG), welches im Rahmen des 2. COVID-10-Gesetzes am 22. März mit Wirkung bis zum Jahresende 2020 in Kraft getreten ist, nachfolgende temporäre Erleichterungen geschaffen:
1. Abgehen vom Erfordernis der physischen Teilnahme
Ab Inkrafttreten des COVID-19-GesG können Gesellschafterversammlungen (insb General- und Hauptversammlungen) und Versammlungen von Organmitgliedern (insb Aufsichtsrats- und Vorstandssitzungen) von
- Kapitalgesellschaften (AG, GmbH),
- Personengesellschaften (OG, KG, GmbH & Co KG, GmbH & Co OG, GesbR),
- Genossenschaften,
- Privatstiftungen und
- Vereinen einschließlich Versicherungsvereinen
für die Dauer der Maßnahmen nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz auch ohne physische Anwesenheit der Teilnehmer durchgeführt werden. Wie dies konkret vonstatten gehen soll, wird die Justizministerin in Kürze per Verordnung regeln.
Das AktG hat (anders als das GmbHG) schon bisher, allerdings nur bei entsprechender Verankerung in der Satzung, die Möglichkeiten der Abhaltung von Hauptversammlungen per Satellitenversammlung, Fernteilnahme oder Fernabstimmung vorgesehen. Auch in Bezug auf Aufsichtsratssitzungen hat das AktG schon zuvor eine schriftliche, fernmündliche oder eine andere vergleichbare Form der Stimmabgabe (zB per qualifizierte Videokonferenz) für zulässig erachtet, sofern die Satzung oder der Aufsichtsrat (zB AR-Geschäftsordnung) dies vorgesehen haben und anschließend im konkreten Fall kein AR-Mitglied diesem Verfahren widerspricht.
Sollten Sie über die entsprechenden technischen Voraussetzungen – abgesehen von Laptop mit Kamera und Mikrofon – nicht verfügen oder diese nicht rasch zu beschaffen sein, haben wir gemeinsam mit unseren PwC IT-Experten einen Remote-Meetingraum gebaut, der die Anforderungen einer qualifizierten Videokonferenz erfüllt. Dieser ermöglicht Ihnen eine rasche Durchführung von Aufsichtsratssitzungen sowie General- bzw Hauptversammlungen in Zeiten krisenbedingter Ortsabwesenheit. Die besonderen Anforderungen an eine Remote-Versammlung – ebenso wie an die ggf erforderliche Teilnahme des Notars – sind allerdings der Durchführungs-VO zum 2. COVID-19 GesG vorbehalten.
2. Verlängerung der Frist für die Abhaltung ordentlicher Hauptversammlungen
Für die AG wurde die Frist für die Abhaltung der ordentlichen Hauptversammlung auf 12 Monate („…innerhalb der ersten zwölf Monate des Geschäftsjahrs…“) verlängert.
Warum diese Fristverlängerung nur für AGs gilt und nicht auch für GmbHs übernommen wurde, geht aus den Gesetzesmaterialien nicht hervor. Die Differenzierung lässt sich wohl nur damit begründen, dass bei einer GmbH der Gesellschafterkreis zumeist überschaubar ist, die Kommunikation oftmals auf kurzem Weg (informell) erfolgt und schließlich Gesellschafterbeschlüsse in der Regel (ausgenommen Änderungen des Gesellschaftsvertrags) schriftlich im Umlaufweg gefasst werden können. Bei einer AG ist dies hingegen nicht möglich: Gesellschafterbeschlüsse können nur in einer Hauptversammlung unter Beisein eines Notars gefasst werden. In diesem Zusammenhang sind Erleichterungen durch die zu erlassende Verordnung zu erwarten, über welche wir selbstverständlich umgehend berichten werden.
Verhältnis COVID-19-GesG zu abweichenden Bestimmungen in Gesellschaftsverträgen und Satzungen?
Laut Bericht des Budgetausschuss vom 20.03.2020 (112/2020) gehen die Bestimmungen des COVID-19-GesG als lex specialis allfälligen abweichenden Bestimmungen in Gesellschaftsverträgen oder Satzungen vor.
Kontaktieren Sie uns. Wir stehen Ihnen für Fragen, insbesondere zur Nutzung unseres Remote-Meetingraums, jederzeit zur Verfügung!