COVID-19: Gesellschaftsrechtliche Entscheidungsfindung – was ist “remote” möglich? (Teil 3)
Autorinnen: MMag. Verena Heffermann; Isabella Lechner.
Weitere Erleichterungen für Gesellschafter- und Organversammlungen
Am Samstag, dem 4. April 2020, wurde unter anderem das 4. COVID-19-Gesetz (BGBl I Nr 24/2020) beschlossen, mit dem das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz (COVID-19-GesG) vom 22. März 2020 (BGBl. I Nr 16/2020) abgeändert wurde.
In unserem Beitrag vom 24. März 2020 haben wir bereits über die Erleichterungen für die Abhaltung von Versammlungen der Gesellschafter und von Organmitgliedern berichtet.
Mit dem 4. COVID-19-Gesetz wurden nun weitere temporäre Erleichterungen für das Gremial- und Sitzungswesen geschaffen. Die folgenden Änderungen des COVID-19-GesG treten rückwirkend mit 22. März 2020 in Kraft und mit Jahresende 2020 außer Kraft.
1. Fernteilnahme und Beschlussfassung auf andere Weise
Mit dem COVID-19-GesG idF 2. COVID-19-Gesetz war es bestimmten Rechtsträgern ermöglicht worden, Gesellschafterversammlungen (insb General- und Hauptversammlungen) und Versammlungen von Organmitgliedern (insb Aufsichtsrats- und Vorstandssitzungen) auch ohne physische Anwesenheit der Teilnehmer durchzuführen. Wie dies konkret vonstattengehen soll, ist von der Justizministerin per Verordnung zu regeln; diese Verordnung steht derzeit noch aus.
Durch das COVID-19-GesG idF 4. COVID-19-Gesetz wird der Kreis der erfassten Rechtsträger um die Sparkassen ergänzt, sodass nun folgende Rechtsträger von der gegenständlichen Erleichterung erfasst sind:
- Kapitalgesellschaften (AG, GmbH),
- Personengesellschaften (OG, KG, GmbH & Co KG, GmbH & Co OG, GesbR),
- Genossenschaften,
- Privatstiftungen,
- Vereinen einschließlich Versicherungsvereinen und
- Sparkassen
Somit sind nun für so gut wie alle privatrechtlichen Gesellschaften bzw Rechtsträger Versammlungen ohne physische Anwesenheit bis Ende 2020 generell erlaubt, und zwar unabhängig davon, inwieweit bzw wie lange sie jeweils von COVID-19-Maßnahmen betroffen sind.
Zudem wurde vorgesehen, dass Beschlüsse auch auf andere Weise gefasst werden können. Gemeint sind in erster Linie schriftliche Beschlüsse, doch wird auch hier die Durchführungs-VO der Justizministerin abzuwarten sein.
2. Fristverlängerung für Haupt- bzw Generalversammlung einer AG, GmbH und Genossenschaft
Bereits in der ersten Fassung des COVID-19-GesG (BGBl I Nr 16/2020) wurde für die AG die Frist für die Abhaltung der ordentlichen Hauptversammlung temporär auf 12 Monate („…innerhalb der ersten zwölf Monate des Geschäftsjahrs…“) verlängert.
Durch das COVID-19-GesG idF 4. COVID-19-Gesetz wird nun auch für die GmbH und Genossenschaft die Frist für die Abhaltung der ordentlichen Generalversammlung temporär auf 12 Monate verlängert. Dies gilt wohl auch für die bei der GmbH übliche Beschlussfassung im Umlaufweg.
Im Gesetz nicht explizit geregelt ist, welche Geschäftsjahre von der Fristverlängerung überhaupt umfasst sind. UE muss die Verlängerung für all jene Rechtsträger gelten, deren Frist für die Abhaltung der General-/Hauptversammlung zwischen 22. März und 31. Dezember 2020 abläuft. Folglich gilt die verlängerte Frist für alle Geschäftsjahre mit Bilanzstichtag zwischen 31. Juli 2019 und 30. April 2020; die General-/Hauptversammlung sollte aber jedenfalls im Jahr 2020 abgehalten werden, weil die Gesetzesbestimmung mit Jahresende außer Kraft tritt.
3. Unanwendbarkeit gesellschaftsvertraglicher Fristen und Termine
Soweit in Gesellschaftsverträgen (Satzungen, Statuten, Stiftungsurkunden) der in Punkt 1 genannten Rechtsträger Fristen oder Termine für bestimmte Versammlungen festgelegt sind, können diese Versammlungen auch zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt im Jahr 2020 stattfinden.
Dem Bericht des Budgetausschusses vom 2. April 2020 (116/2020) zufolge sollen nicht nur die gesellschaftsvertraglich geregelten Fristen für die Abhaltung, sondern auch für die Einberufung von Versammlungen aufgehoben sein
Unseres Erachtens können hier nur solche statutarischen Fristen und Termine gemeint sein, die von den gesetzlichen Fristen (zB Frist für die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung) und Terminen abweichen.
Schließlich obliegt es dem pflichtgemäßen Ermessen des jeweiligen Organ(leiter)s, wann die vorgeschriebene Sitzung abgehalten werden soll. Im Hinblick auf die neu geschaffene Möglichkeit der Fernteilnahme an Sitzungen sowie der Fassung von Fernbeschlüssen wird eine Verschiebung von Gremialsitzungen möglicherweise nicht mehr sachgerecht sein.
4. Vierteljährliche Aufsichtsratssitzungen
Gemäß § 94 Abs 3 AktG, § 30i Abs 3 GmbHG und § 24d Abs 3 GmbHG haben Aufsichtsratssitzungen viermal im Jahr und zwar vierteljährlich stattzufinden.
Mit dem COVID-19-GesG idF 4. COVID-19-Gesetz trifft der Gesetzgeber die Klarstellung, dass, wenn aufgrund von COVID-19 bei einer GmbH, AG oder Genossenschaft die Durchführung von Aufsichtsratssitzungen bis zum 30. April 2020 nicht möglich ist, dies keine Verletzung der Vorschrift über die Abhaltung einer vierteljährlichen Aufsichtsratssitzungen darstellt.
Nach diesem Zeitpunkt müssen Aufsichtsratssitzungen – unter Anwendung der genannten Erleichterungen (siehe Punkt 1) – jedenfalls wieder stattfinden.
Sollten Sie über die entsprechenden technischen Voraussetzungen – abgesehen von Laptop mit Kamera und Mikrofon – für die Abhaltung einer Versammlung ohne physische Teilnahme nicht verfügen oder diese nicht rasch zu beschaffen sein, haben wir gemeinsam mit unseren PwC IT-Experten einen Remote-Meetingraum gebaut, der die Anforderungen einer qualifizierten Videokonferenz erfüllt. Dieser ermöglicht Ihnen eine rasche Durchführung von Aufsichtsratssitzungen sowie General- bzw Hauptversammlungen in Zeiten krisenbedingter Ortsabwesenheit. Die besonderen Anforderungen an eine Remote-Versammlung – ebenso wie an die ggf erforderliche Teilnahme des Notars – sind allerdings der Durchführungs-VO zum COVID-19 GesG vorbehalten.
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