Der Vorschlag für einen EU Crowdfunding Passport im Überblick
Autor: Stefan Paulmayer
Während die Aufnahme von Mitteln über den Kapitalmarkt nach österreichischem Recht demnächst erleichtert wird, hat die EU Kommission im Frühjahr 2018 ihren eigenen Vorschlag für ein Crowdfunding-Regelwerk veröffentlicht.
Das Kernstück des Vorschlags ist die Verordnung über Europäische Crowdfunding-Dienstleister für Unternehmen (die „Crowdfunding-Verordnung“). Diese Initiative ist Teil des FinTech-Aktionsplans und der Bemühungen der Kommission, eine einheitliche Kapitalmarktunion zu etablieren.
Das neue EU Crowdfunding-Regelwerk ist als Alternative zu bestehenden nationalen Crowdfunding-Regeln konzipiert. Emittenten haben daher die Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Systemen.
Registrierung als Europäischer Crowdfunding-Dienstleister
Juristischen Personen wird es zukünftig möglich sein, sich nach den Regeln der Crowdfunding-Verordnung bei der European Securities and Market Authority (ESMA) als „Crowdfunding-Dienstleister“ zu registrieren. Jeder Crowdfunding-Dienstleister muss ESMA ein umfangreiches Set an Unterlagen vorlegen, in denen u.a. beschrieben und nachgewiesen wird, dass bestimmte organisatorische Vorschriften und Verfahren eingehalten werden. Die Registrierung und Zulassung soll innerhalb von zwei Monaten ab Vorlage eines vollständigen Antrags erfolgen.
Die Registrierung und Zulassung als Crowdfunding-Dienstleister ist für Marktteilnehmer zweifelsohne mühsamer im Vergleich zu manchen der bislang geltenden, oft durch die Mitgliedstaaten handgestrickten, Regeln (zB dem österr. Alternativ-Finanzierungsgesetz, AltFG). Neben dem Zulassungsverfahren haben Crowdfunding-Dienstleister auch bestimmte organisatorische Anforderungen und Standards laufend einzuhalten.
Ein Crowdfunding-Dienstleister kann daher fast als „Wertpapierfirma light“ bezeichnet werden, wenn man diese laufenden Compliance-Verpflichtungen (zB betreffend Interessenskonflikte oder die Eignungsprüfung einschließlich der Simulation der Verlusttragfähigkeit der Anleger) berücksichtigt.
Darüber hinaus wird ESMA umfangreiche Aufsichtsrechte betreffend Crowdfunding-Dienstleister und Emittenten bekommen, einschließlich dem Recht zu Vor-Ort-Prüfungen.
Passport für Crowdfunding-Angebote
Ein großer Vorteil des neuen EU Crowdfunding-Regelwerks wird freilich der EU-weite Passport sein, der Crowdfunding-Angebote in der gesamten EU ermöglichen wird. Derzeit können Crowdfunding-Kampagnen, die beispielsweise von den Erleichterungen des AltFG Gebrauch machen, nicht vom bestehenden Passport für Wertpapierprospekte profitieren. Auch der neue EU Passport wird für AltFG-Projekte nicht offenstehen, sondern nur für Crowdfunding-Projekte nach der Crowdfunding-Verordnung.
Beschränkung auf EUR 1 Mio in 12 Monaten
Die neuen EU Crowdfunding-Regeln sollen auf Crowdfunding-Angebote bis zu EUR 1 Mio innerhalb eines 12-Monats-Zeitraums beschränkt sein. Man wird daher erst sehen, ob sich das neue Regelwerk in der Praxis als attraktive Alternative zu bestehenden nationalen Crowdfunding-Regeln erweisen wird. Nach dem AltFG wird es zB möglich sein, bis zu EUR 2 Mio nach Zur-Verfügung-Stellung eines einfachen Informationsblatts einzusammeln – ohne sich dabei eines Dienstleisters bedienen zu müssen, der mühsame Registrierungs- und Zulassungsverfahren durchlaufen hat (was dieser wohl einpreisen wird).
Crowdfunding-Dienstleister werden Wertpapiere platzieren und Kundenaufträge annehmen und übermitteln dürfen
Der Passport wird nicht der einzige Vorteil einer Registrierung und Zulassung sein. Die folgenden Dienstleistungen dürfen von Crowdfunding-Dienstleistern erbracht werden: (i) die Vermittlung von Krediten, (ii) die Platzierung übertragbarer Wertpapiere ohne feste Übernahmeverpflichtung und (iii) die Annahme und Übermittlung von Kundenaufträgen in Bezug auf solche Wertpapiere. Crowdfunding-Dienstleister werden diesbezüglich von der Konzessionspflicht nach MiFID II ausgenommen werden.
Vergleich zwischen Vorschlag der Kommission und AltFG
Im Folgenden haben wir eine Zusammenfassung der Schlüsselbestimmungen des neuen EU Crowdfunding-Regelwerks im Vergleich zum (geänderten) AltFG vorbereitet: