Weltfrauentag: Ein Schritt zur Lohngleichheit – die EU-Entgelttransparenz-Richtlinie
Am Weltfrauentag am 08.03. rückt die Gleichstellung der Geschlechter in den Fokus.
Der am 05.03.2025 von der Statistik Austria veröffentlichte Einkommensbericht zeigt, dass Frauen 2023 in der Privatwirtschaft noch immer um 18,3 % brutto pro Stunde weniger verdienten als Männer. Zwar hat sich der Unterschied in den vergangen Jahren etwas verringert, Österreich liegt damit aber weiterhin deutlich über dem europäischen Durschnitt von 12,0%. Im EU-Vergleich verzeichnet Österreich die zweithöchste Lohndifferenz nach Lettland.
Einen wesentlichen Beitrag zur Reduktion des Gender-Pay-Gap verspricht die EU-Entgelttransparenz-Richtlinie (RL 2023/970).
Diese Richtlinie zielt darauf ab, das geschlechtsspezifische Lohngefälle zu verringern bzw bestenfalls zu schließen und Lohngleichheit in der gesamten EU zu fördern. Österreich steht nun vor der Herausforderung, die Maßnahmen spätestens bis zum 7. Juni 2026 in nationales Recht umzusetzen.
Die „vollständige und zügige Umsetzung“ der bereits 2023 offiziell angenommenen Richtlinie findet sich nun auch im von der Koalition kürzlich vorgestellten Regierungsprogramm.
Die Richtlinie bringt jedenfalls bedeutende Änderungen für Unternehmen mit sich. Im Wesentlichen sind vorgesehen:
Berichtspflichten über die Entgeltgleichheit
Die Berichtspflicht wird ausgedehnt, wonach künftig Unternehmen mit mehr als 100 Arbeitnehmer:innen (wobei die Mitgliedsstaaten auch Unternehmen mit weniger Arbeitnehmer:innen verpflichten könnten) regelmäßig über ihre Gehaltsstrukturen berichten müssen. Der Bericht hat detaillierte Informationen, im Wesentlichen über das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle, zu enthalten. Diese Berichterstattung soll ungerechtfertigte Lohnunterschiede aufdecken und angehen.
Es ist eine schrittweise Einführung geplant, sodass je nach Unternehmensgröße längere Umsetzungsfristen bestehen und unterschiedliche zeitliche Intervalle für die Berichte.
Ein signifikanter Unterschied zu den bereits bestehenden Offenlegungsverpflichtungen im Zusammenhang mit Einkommensberichten (derzeit ab 150 Beschäftigten) wird auch darin liegen, dass die Informationen an eine von den Mitgliedsstaaten zu benennende Überwachungsstelle zu übermitteln sein werden, wo sie gesammelt und in der Folge auch (auf transparente und angemessene Weise) veröffentlicht werden sollen.
Evaluierung und Entgeltbewertung
Eine wesentliche Neuerung zur bisher bestehenden Rechtslage bringt zudem die vorgesehen „Gemeinsame Entgeltbewertung“ von berichtspflichtigen Arbeitgeber:innen und deren Arbeitnehmervertretung mit sich (voraussichtlich Betriebsrat, sofern eingerichtet). Diese ist dann vorzunehmen, wenn bei der durchschnittlichen Entgelthöhe ein Unterschied von mindestens 5 % bei einer Gruppe von Beschäftigten, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten, vorliegt, und keine objektiven oder geschlechtsneutralen Rechtfertigungsgründe bestehen bzw der Unterschied nicht innerhalb von sechs Monaten korrigiert wird.
Neben der Feststellung von Entgeltunterschieden sieht die Richtlinie auch die Verpflichtung zur Einführung von Maßnahmen zur Beseitigung von nicht objektiv rechtfertigbaren Entgeltunterschieden vor. In die Umsetzung und Evaluierungen können auch Aufsichtsbehörden oder Gleichbehandlungs-stellen involviert werden.
Informationen über das Einstiegsgehalt / Spanne im Bewerbungsprozess
Unternehmen müssen Bewerber:innen künftig über das auf objektiven und geschlechtsneutralen Kriterien beruhende Einstiegsentgelt für die betreffende Stelle sowie dessen Spanne in Stellenanzeigen oder Vorstellungsgesprächen informieren, um fundierte und transparente Verhandlungen über das Entgelt zu gewährleisten. Zudem dürfen Arbeitgeber:innen während des Einstellungsprozesses nicht mehr nach dem aktuellen Gehalt eines Bewerbers oder einer Bewerberin fragen.
Informationsrechte und individueller Auskunftsanspruch im aufrechten Dienstverhältnis
Arbeitgeber:innen werden künftig verpflichtet, den Beschäftigten Informationen zu den Kriterien zur Festlegung der Entgelthöhe und -entwicklung zur Verfügung zu stellen.
Zudem haben im aufrechten Dienstverhältnis künftig (auch) Arbeitnehmer:innen das individuelle Recht auf Auskunft über die durchschnittlichen Entgelthöhen von Arbeitnehmer:innen, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten (Vergleichspersonen). Unternehmen müssen ihre Beschäftigten auch jährlich über dieses Recht informieren.
Durchsetzungsmechanismen
Entgeltdiskriminierte Arbeitnehmer:innen haben Anspruch auf Schadenersatz, der die vollständige Nachzahlung des entgangenen Entgelts sowie Schadenersatz für entgangene Chancen und immateriellen Schaden umfasst (wobei dies in Österreich im Wesentlichen schon bisher im Gleichbehandlungsgesetz verankert ist).
Die Richtlinie sieht zudem vor, dass die Mitgliedsstaaten wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen bei Entgeltdiskriminierung gesetzlich verankern (wie Unterlassung und Geldbußen) und enthält Bestimmungen zur Beweislastverteilung (zu Gunsten der Arbeitnehmer:innen) in Verfahren vor Behörden / Gerichten.
Noch ist unklar, wie diese Sanktionen in Österreich konkret aussehen werden; möglich erscheinen jedenfalls Verwaltungsstrafen.
Die konkrete Umsetzung der Richtlinie in Österreich bleibt naturgemäß noch abzuwarten.
Fazit
Insgesamt stellt die EU-Entgelttransparenz-Richtlinie österreichische Unternehmen jedenfalls vor neue Herausforderungen. Das Erfordernis der Schaffung einer klaren und fairen Gehaltsstruktur samt Mechanismen zu deren Durchsetzung ist aber auch als ein wichtiger und wesentlicher Schritt auf dem Weg zur Geschlechtergleichstellung zu begrüßen.
Am Weltfrauentag erinnert uns diese Richtlinie auch daran, dass gleicher Lohn für gleiche Arbeit – ganz unabhängig vom Geschlecht – ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einer gerechteren Gesellschaft ist.
Für österreichische Unternehmen heißt das jedenfalls, dass sie ihre Vergütungssysteme künftig proaktiv prüfen und gegebenenfalls anpassen müssen, um allfällige (Image)Schäden, Ansprüche und Sanktionen zu vermeiden.
Gerne unterstützen wir Sie zusammen mit unseren Workforce Transformation Expert:innen bei der rechtssicheren Umsetzung der Vorgaben in Ihrem Unternehmen.
Ein erster wesentlicher Schritt kann hier (auch bereits vor Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht) die Überprüfung der Gehaltsdaten mittels quantitativer Lohngleichheitsanalyse sein, sowie das Prüfen auf qualitativer Ebene, ob die geltenden Entgeltstrukturen diskriminierungsfrei gestaltet sind und von den Beschäftigten auch so empfunden werden.
Hier liefert der von uns gemeinsam mit unserem Allianzpartner FairEqualSolutions entwickelte Equal Pay Check ein umfassendes Bild aller gehaltsrelevanten Prozesse und bietet dabei nicht nur eine quantitative Analyse, sondern auch ein qualitatives Assessment der Unternehmenskultur im Hinblick auf faire Bezahlung und gelebte Chancengleichheit.
Mehr Informationen zum Equal Pay Check finden sie hier.
