Geänderter Vorschlag für EU-Crowdfunding Passport sieht europaweite ICOs vor
Autor: Stefan Paulmayer
Wir hatten im Juli darüber berichtet, dass ein neues EU Crowdfunding-Regelwerk eingeführt werden soll. Unter dem Regelwerk soll es Plattform-Betreibern ermöglicht werden, grenzüberschreitend Crowdfunding-Projekte an Investoren innerhalb der gesamten Union zu einheitlichen Standards anzubieten. Als Alternative zu bestehenden uneinheitlichen und nicht harmonisierten nationalen Crowdfunding-Regeln würde damit die europaweite Durchführung von Fundraising-Kampagnen gefördert.
Ein entsprechender Vorschlag der EU Kommission ist mittlerweile durch ein Komitee des Europäischen Parlaments überarbeitet worden. Die Änderungsvorschläge fallen substantiell aus.
Im Folgenden stellen wir kurz die wesentlichsten Änderungen vor:
- Die Anwendbarkeit des neuen Regelwerks soll auf Crowdfunding-Projekte bis EUR 8 Mio (innerhalb von 12 Monaten) erweitert werden (der bisherige Vorschlag sah eine Begrenzung auf EUR 1 Mio vor).
- Initial Coin Offerings (ICOs) sollen in den Anwendungsbereich der Crowdfunding-Verordnung fallen. Damit würde erstmals eine europaweite Durchführung von ICOs zu gleichen Bedingungen und unter einem EU Passport ermöglicht. Umfasst werden lediglich öffentliche Angebote von Tokens oder Coins, nicht jedoch reine Privatplatzierungen. Ebenfalls ausgenommen ist der Sekundärmarkt von Coins und Tokens, sodass von der Crowdfunding-Verordnung nur tatsächliche Erstangebote umfasst sind. Nationalen Gesetzgebern wäre es also weiterhin möglich, den (Sekundär-)Handel mit Coins und Tokens einem separaten Regime zu unterstellen.
- Bei der Kreditvermittlung soll hinkünftig zwischen dem reinen Matchmaking einerseits und der Mitwirkung am „Packaging“ und „Pricing“ unterschieden werden. Abhängig von der Art der Kreditvermittlung fallen die Informationspflichten für Crowdfunding-Dienstleister unterschiedlich aus.
- Die Anlageberatung in Bezug auf handelbare Wertpapiere von Projektanbietern soll Crowdfunding-Dienstleistern ohne MiFID II-Konzession ermöglicht werden.
- Die Registrierung als Europäischer Crowdfunding-Dienstleister soll nicht durch die European Securities and Market Authority (ESMA), sondern durch nationale Behörden erfolgen.
- Im Gegenzug zu den erweiterten Möglichkeiten, die Crowdfunding-Dienstleistern geboten werden, sollen punktuell Governance-Pflichten erhöht und erweiterte Strafbestimmungen eingeführt werden. Dazu zählen beispielsweise auch fortlaufende Geldstrafen, die solange zu bezahlen sind, bis ein rechtswidriges Verhalten eingestellt wird.
- Crowdfunding-Dienstleistern aus Drittstaaten soll der Europäische Markt unter bestimmten Voraussetzungen geöffnet werden. Dazu zählt beispielsweise, dass die EU-Kommission eine Gleichwertigkeitsentscheidung betreffend den Heimatstaat getroffen hat und der Dienstleister in seinem Heimatstaat einer behördlichen Aufsicht unterliegt.
Fazit
Sollten die durch das Parlament vorgeschlagenen Änderungsvorschläge letztlich angenommen werden, würde dies aus unserer Sicht einen großen Schritt in Richtung Stärkung einer Kapitalmarktunion bedeuten. Innovative Formen des Fundraising würden in einem reglementierten Rahmen ermöglicht und gefördert.
Zu begrüßen ist vor allem die Anhebung der Wertgrenze von EUR 1 Mio auf EUR 8 Mio (innerhalb von 12 Monaten). Auch die Erweiterung des Anwendungsbereichs auf ICOs wäre eine spektakuläre Neuerung, die bisherige rechtliche Unklarheiten nach nationalem Recht mit einem Schlag reduzieren würde.