Rechtsgeschäftlicher Volleintritt in den Bestandvertrag – Achtung Gebührenfalle
Überblick
Es gibt die durchaus weit verbreitete Annahme, dass ex-lege Eintritte in Bestandverhältnisse nach § 1120 ABGB und § 38 UGB keine Gebührenpflicht auslösen.
Diese Annahme kann dann zum Problem werden, wenn aus Anlass des Verkaufs einer Liegenschaft diesbezüglich Nachträge abgeschlossen werden und es dadurch nicht beim ex-lege Eintritt verbleibt.
Regelungsbedarf
Wird eine vermietete oder verpachtete Liegenschaft verkauft, so gibt es – über die grundsätzliche, ex lege stattfindende Rechtsnachfolge des Erwerbers in der Vermieterstellung nach den jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen – immer wieder Regelungsbedarf hinsichtlich der abgeschlossenen Bestandverträge.
Dies kann deshalb erforderlich sein, weil die Beteiligten aus Anlass des Verkaufs Teile des Rechtsverhältnisses neu regeln wollen, so etwa durch Erweiterungen oder Verringerungen der Bestandflächen oder durch Anpassungen von Bestandzins und Vertragslaufzeit.
Ferner kann es im Bereich des ABGB-Bestandrechtes (somit insbesondere für Single-Tenant-Objekte sowie im Bereich gewerbliches Wohnen wie zB bei Hotels, Studenten- und Seniorenheimen) erforderlich sein, Rechtsfolgen aus Anlass der Veräußerung zu regeln (etwa Abbedingung des Sonderkündigungsrechtes nach § 1120 ABGB). Ein Regelungsbedarf kann hier also bestehen, um Rechtsunsicherheit zu vermeiden oder Klarstellungen vorzunehmen.
Nachträge und mögliche Gebührenfolgen
Die Parteien schließen daher im Rahmen von Transaktionen regelmäßig Nachträge ab, um diese Aspekte zu regeln. Je nach Erfordernis des konkreten Falles werden diese Nachträge vom Bestandnehmer mit dem Alteigentümer oder bereits mit dem Erwerber bzw mitunter auch als Drei-Parteien-Einigung abgeschlossen.
Solche Nachträge können jedoch Rechtsgeschäftsgebühr nach dem Gebührengesetz 1957 (GebG) auslösen:
1) Nachträge zwischen Alteigentümer und Bestandnehmer
Bei Nachträgen zwischen Alteigentümer und Bestandnehmer handelt es sich typischerweise um inhaltliche Erweiterungen (etwa vergrößerte Bestandfläche, erhöhter Mietzins, verlängerte Vertragsdauer). Derartige Nachträge führen zu einer Gebührenpflicht (nur) im Ausmaß der Erweiterung („Nachtrag“ oder „Zusatz“ iSd § 21 GebG).
Dabei handelt es sich nach unserer Erfahrung um Kosten, die von den Beteiligten üblicherweise kalkuliert sind und daher kaum zu Überraschungen führen.
2) Nachträge mit dem Erwerber (einschließlich Drei-Parteien-Einigungen)
Anders ist dies beim Abschluss von Nachträgen mit dem Erwerber: Wird in diesen Fällen mehr als nur der bloße Status Quo dokumentiert (wie zB die Dokumentation der gesetzlichen Rechtsnachfolge) und erfolgt dadurch eine inhaltliche Änderung des Bestandverhältnisses (etwa Vereinbarung eines rechtsgeschäftlichen Volleintritts oder jede sonstige inhaltliche Änderung), so gilt dies als „Neuerungsvertrag („Novation“) iSd § 24 GebG. Dadurch ist das gesamte Vertragsverhältnis neu zu vergebühren und wird somit Rechtsgeschäftsgebühr in voller Höhe (neu) ausgelöst.
Diese Kosten können für die Beteiligten überraschend und insbesondere auch überraschend hoch sein. Es stellt sich daher schnell die Frage, welche Seite diese Kosten zu tragen hat.
Zusammenfassung
Beim Abschluss eines Nachtrags zu Bestandverträgen kann es zu einer Gebührenpflicht nach dem GebG kommen. Je nach Inhalt des Nachtrags werden Mehrgebühren für inhaltliche Erweiterungen oder – im Worst Case – Gebühren für das gesamte Rechtsgeschäft in vollem Umfang fällig.
Empfehlung: In der vertraglichen Praxis ist es daher ratsam, bereits beim Abschluss von Bestandverträgen – insbesondere im Bereich des ABGB-Bestandrechtes – auf allfällig erforderliche Nachträge Bedacht zu nehmen und die Tragung diesbezüglicher Rechtsgeschäftsgebühren im Vorhinein zu klären. Mangels konkreter Regelung im Bestandvertrag ist zu prüfen, ob aus der allgemeinen Kostenverteilung eine Auslegung zur Kostenfrage abgeleitet werden kann. Dabei wird vor allem zu berücksichtigen sein, zwischen welchen Beteiligten und aus welchem Interesse ein solcher Nachtrag abgeschlossen wird.
Gegenüber dem Finanzamt haften jedenfalls sämtliche Parteien eines Rechtsgeschäftes für die Entrichtung der Gebühr.
Co-Autor: Mag. Martin Schweinberger