Rückblick Vienna Legal Tech – VLT´21
Am 1. September 2021 fand die Vienna Legal Tech zum zweiten Mal statt. Nach der langen Konferenz-Pause wegen COVID-19 war es großartig, bei der VLT ’21 wieder an einer physischen Veranstaltung teilzunehmen. Noch mehr haben wir uns darüber gefreut, mit dem Forensic Technology Solutions Team von Christian Kurz einen gemeinsamen PwC und PwC Legal Messestand zu betreuen. Neben unserem Angebot rund um Legal Tech, insbesondere unserem Service Rule Keeper zur Automatisierung von Entscheidungsprozessen, haben wir den Teilnehmer:innen der Konferenz auch die Connected Digital Services näher bringen können, vor allem eDiscovery und Contract Analysis. Hier ein Rückblick auf die VLT ‘21:
Auch heuer war die Vienna Legal Tech wieder ein großer Erfolg. Zusammen mit dem Veranstalter Business Circle und unserem Partner Disruption Disciples haben wir großartige Speaker:innen und spannende Diskussionen für die tollen Teilnehmer:innen geschaffen. Sowohl während des Konferenz-Programms als auch beim Get-Together danach hat sich auch die Location Twelve sehr gut bewährt. Besonders spannend war die Einbettung in den Unternehmensjuristen Circle, was einen noch intensiveren Austausch mit General Counsels und Inhouse Lawyers ermöglicht hat.
Spannende Beiträge gab es unter anderem von universitärer Seite von Prof. Dr. Stephan Breidenbach und Prof. Dr. Nikolaus Forgó, aus Sicht führender Unternehmen durch DDr. Manuela Kohl von TÜV Austria, MMag. Eric Hohenauer und Mag. Wolfgang Raschka von Siemens, Dr. Benno Quade von Software AG sowie Dr. Alexander Steinbrecher von Bombardier.
Die Keynotes und Diskussionen haben einmal mehr gezeigt, dass Legal Tech die Rechtsfunktion in Unternehmen immer grundlegender verändert. Allerdings ist der Fortschritt bei weitem nicht immer so schnell, wie das Expert:innen seit längerem vorhersagen. Und das obwohl die Technologie schon oft sehr weit ist. Freilich noch nicht bei der Verarbeitung von Sprache durch Artificial Intelligence. Oft braucht es aber keine AI oder andere bahnbrechend innovative Technologie – Automatisierung von Dokumenten, Entscheidungen und Compliance-Vorgehen sind oft low-tech und können auch ohne hohe Investitionen in Technologie oder andere Infrastruktur erfolgreich in Stellung gebracht werden.
Warum ist Legal Tech dann nicht bereits weiter verbreitet?
Nach meiner Meinung ist ein wesentlicher Grund, dass wir Jurist:innen bei der Technologisierung von Rechtsvorgängen oft kulturelle Vorbehalte haben – und einem bekannten Bias unterliegen. Dieses Vorurteil ist, dass komplexe Vorgänge von kompetenten Menschen besser erledigt werden, als dies durch einfache Algorithmen der Fall wäre. Dabei sehen wir in empirischen Untersuchungen, dass die menschlichen Standards weit von perfekten Ergebnissen abweichen und mitunter Entscheidungen, die das Leben von Menschen grundlegend verändern, bestürzend breite Streuungen zeigen. Eine Studie von 207.000 Entscheidungen von Immigration-Gerichten über einen Zeitraum von vier Jahren zeigte beispielsweise, dass die Tagestemperatur einen statistisch signifikanten Einfluss auf die Ergebnisse der Richter:innen hatten (Heyes et al, Temperature and Decisions, American Economic Journal: Applied Economics 11 no. 2 2018 238). Und Asylentscheidungen von Richter:innen in einer anderen Untersuchung wiesen Streuungen auf, die von 5% gewährten Asylanträgen beim strengsten Richter bis zu 88% beim wohlwollendsten Richter reichten – bei denselben Fällen und identer Aktenlage (Schoenholtz et al, Refugee Roulette, Stanford Law Review 60 no. 2 2007)!
Höchste Zeit daher, sich ernsthaft mit Decision Automation wie zum Beispiel dem PwC Legal Rule Keeper zu befassen. Ich meine, dass Legal Tech bereits jetzt einen wertvollen Beitrag zur Rechtsfunktion von Unternehmen leisten kann.
(Dr. Christian Öhner, LL.M.)
Und die Zukunft hat erst begonnen, wie wir bereits in einem früheren Blog berichtet haben. Denn der Schwung kommt jetzt nicht aus den Rechtsabteilungen, sondern durch die Anbieter von Cloud-basierten Business Operating Systemen wie SAP S/4HANA, Salesforce und WorkDay, die immer schneller zum globalen Standard von kleinen wie großen Unternehmen werden. Dies wird zum Beispiel die Legal Due Diligence Arbeit revolutionieren, denn die relevanten Daten werden bald ebenso gut aufbereitet in den Systemen des Zielunternehmens vorhanden sein, wie das für Finanzinformationen bereits jetzt selbstverständlich ist. Rechtsanwaltskanzleien müssen dafür ganz neues Skills für ihre Mandanten bereithalten, zum Beispiel Spezialist:innen für Salesforce und andere Datenquellen. Der/die Anwalt/Anwältin setzt dann seine/ihre Analyse auf einer strukturiert aufbereiteten Datenbasis auf, anstatt sich tagelang durch einen Datenraum zu klicken – und wird daher mit dem gleichen Aufwand viel mehr Wert und Erkenntnisse für die Mandant:innen schaffen können. Bereits jetzt ist es State-of-the-Art, in einem ersten Due Diligence Schritt durch den Einsatz von AI einen unabhängigen Überblick über die Struktur des Datenraums und die Großwetterlage des Zielunternehmens zu erhalten. Tools wie Luminance stellen beispielsweise verschiedene transaktionsrelevante Faktoren graphisch dar und ermöglichen so eine gezielte Identifikation der wesentlichen Due Diligence Themen.
Wie die Reise weitergeht, werden wir bei der nächsten Vienna Legal Tech wieder beleuchten. Merken Sie sich schon jetzt den 26. und 27. April 2022 in Ihrem Kalender vor. Aufgrund des großen Interesses soll die VLT ‘22 auf ein eineinhalb tägiges Konferenzprogramm ausgedehnt werden. Details folgen noch in den kommenden Wochen. Wir freuen uns schon jetzt darauf wieder mit spannenden Vortragenden und interessierten Teilnehmer:innen gemeinsam Neues zu erfahren und über die Zukunft der Rechtsbranche zu diskutieren.
Impressionen der VLT ’21:
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