Update Beihilfenrecht: EU-Kommission genehmigt österreichische Liquiditäts- und Garantieregelung
Autor:innen: Dr. Stefanie Werinos-Sydow, Dr. Konstantin Köck LL.M. MBA (DUK) LL.M. (SCU)
Die EU-Kommission hat eine Liquiditätsregelung über 15 Mrd. EUR genehmigt, mit der Österreich seine Wirtschaft nach dem Coronavirus-Ausbruch unterstützen will. Ebenfalls genehmigt hat die EU-Kommission eine Garantieregelung Österreichs für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Beide Genehmigungen erfolgten auf Grundlage des am 19.3.2020 von der EU-Kommission erlassenen und am 3.4.2020 geänderten Befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft (über diesen haben wir bereits in unserem PwC Legal Blog berichtet).
Der Befristete Rahmen der EU-Kommission stützt sich auf Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b AEUV, wonach Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden. Halten sich die Mitgliedstaaten bei der Gestaltung ihrer Fördermaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise an die Vorgaben in diesem Rahmen, werden diese von der Europäischen Kommission in der Regel rascher als sonst genehmigt. Dies war auch bei den von Österreich angemeldeten Regelungen der Fall.
Die von Österreich angemeldete und von der EU-Kommission genehmigte Liquiditätsregelung sieht die folgenden drei Fördermöglichkeiten vor:
I. Gewährung von direkten Zuschüssen und rückzahlbaren Vorschüssen
Einzelnen Unternehmen können für die Deckung ihres dringenden Liquiditätsbedarfs Direktzuschüsse in Höhe von bis zu EUR 500.000 gewährt werden.
II. Übernahme von Haftungen (Garantien) für Bankdarlehen
Mit der Übernahme von Garantien will Österreich dafür sorgen, dass Banken ihren Firmenkunden auch weiterhin Kredite zur Deckung ihres unmittelbaren Betriebs- und Investitionsmittelbedarfs gewähren.
III. Gewährung von Überbrückungskrediten
Österreich möchte Unternehmen zinsvergünstigte Direktkredite gewähren, um diese bei der Deckung ihres unmittelbaren Betriebs- und Investitionsmittelbedarfs zu unterstützen.
Der Befristete Rahmen der EU-Kommission sieht sowohl bei der Übernahme von Garantien als auch bei der Gewährung von Direktkrediten eine Beschränkung des maximalen Kreditvolumens vor, und zwar mit dem doppelten Personalaufwand oder 25% des vom Förderwerber im Jahr 2019 erzielten Umsatzes. Außerdem darf die Kreditlaufzeit in beiden Fällen maximal sechs Jahre betragen.
Abgewickelt werden die Förderungen durch die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG), bei der es sich um eine dafür eigens errichtete Zweckgesellschaft handelt.
Die konkrete Ausgestaltung der genannten Fördermöglichkeiten erfolgt in Form von Richtlinien durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen, wobei die Richtlinie für die Gewährung von Direktzuschüssen erst veröffentlicht werden muss. Die Richtlinie für die Übernahme von Garantien und Gewährung von Direktkrediten wurde hingegen bereits kundgemacht.
Diese sieht vor, dass im Falle einer Garantie der Förderantrag über jenes Kreditinstitut (oder dessen Spitzeninstitut) einzureichen ist, das den zugrundeliegenden Kredit an das Unternehmen vergibt. Der Förderantrag ist zu begründen, wobei insbesondere plausibel darzustellen und – soweit vorhanden – mittels Unterlagen nachzuweisen ist,
- dass der Liquiditätsbedarf auf durch die Ausbreitung von COVID-19 verursachte wirtschaftliche Auswirkungen zurückzuführen ist;
- welche Zahlungsverpflichtungen mit der finanziellen Maßnahme für welchen Betrachtungszeitraum gedeckt werden sollen;
- dass die in der Richtlinie genannten Maßnahmen im wirtschaftlich sinnvollen Umfang gesetzt wurden;
- welche Unterstützung der öffentlichen Hand der Antragsteller sonst betreffend die wirtschaftlichen Auswirkungen in Folge der Ausbreitung von COVID-19 erhält; und
- in welchem Zeitraum nach Wegfall der unmittelbaren wirtschaftlichen Auswirkungen in Folge der Ausbreitung von COVID-19, die zu den Liquiditätsschwierigkeiten geführt haben, das Unternehmen voraussichtlich wieder in der Lage sein wird, ohne die gewährte finanzielle Maßnahme auszukommen bzw. diese zurückzuzahlen.
Bei den Unterlagen kann es sich je nach Größe des Unternehmens um Liquiditätspläne, Kurz- und Mittelfristplanungen, Tilgungspläne oder eine schriftliche Erklärung des Unternehmens handeln, aus der sich diese Umstände ableiten lassen.
Der Förderwerber muss im Förderantrag außerdem bestätigen, dass
- sich das Unternehmen am 31.12.2019 nicht in Schwierigkeiten gemäß Art 2 Z 18 der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 (sog Gruppenfreistellungsverordnung) befunden hat, und
- die im Antrag genannten Zahlungsverpflichtungen nicht doppelt bereits durch anderweitige Unterstützung der öffentlichen Hand betreffend die wirtschaftlichen Auswirkungen in Folge der Ausbreitung von COVID-19 (z.B. Stundung von Steuern, Kurzarbeit, Zuschüsse, Zuwendungen anderer öffentlicher Institutionen) oder durch privatwirtschaftliche Maßnahmen (z.B. Versicherungen) gedeckt wurden.
Je nach Größe des Unternehmens sind vom Förderwerber zudem insbesondere folgende Unterlagen vorzulegen:
- Jahresabschlüsse bzw. Ergebnisrechnungen (allenfalls in Form der Steuererklärungen), aus denen sich die Ergebnisse des Unternehmens in den letzten beiden Geschäftsjahren ergeben;
- monatliche Saldenlisten oder eine kurzfristige Erfolgsrechnung für die letzten 12 Monate; und
- Information über sonstige Unterstützungen der öffentlichen Hand zugunsten des Antragstellers betreffend die wirtschaftlichen Auswirkungen in Folge der Ausbreitung von COVID-19.
Im Gegenzug verpflichtet sich der Antragswerber ua dazu,
- die aufgrund der finanziellen Maßnahme erhaltene Liquidität ausschließlich für die Deckung des im genehmigten Antrag genannten Liquiditätsbedarfs einzusetzen, um die bei Antragstellung bestehende Geschäftstätigkeit in Österreich zu erhalten;
- auf die Erhaltung der Arbeitsplätze im Unternehmen besonders Bedacht zu nehmen und sämtliche zumutbaren Maßnahmen zu setzen, um die Arbeitsplätze zu erhalten;
- nicht rückzahlbare Zuschüsse oder sonstige Zahlungen, die der Antragsteller von der COFAG, der öffentlichen Hand oder Dritten (zum Beispiel Versicherungen) bekommt, und der Deckung der im genehmigten Antrag genannten Zahlungsverpflichtungen dienen, zur Rückführung der aufgrund der finanziellen Maßnahmen erhaltenen Liquidität zu verwenden.
Zudem dürfen Antragswerber für das laufende Geschäftsjahr keine Boni an Vorstände oder Geschäftsführer bezahlen, die über 50% der Boni des Vorjahres hinausgehen. Außerdem müssen Entnahmen bzw. Gewinnausschüttungen für den Zeitraum der finanziellen Maßnahme auf die wirtschaftlichen Verhältnisse angepasst werden (Dividenden- und Gewinnauszahlungsverbot vom 16.3.2020 bis zum 16.3.2021 und maßvolle Dividenden- und Gewinnausschüttungspolitik für die verbleibende Laufzeit), es dürfen keine Rücklagen zur Erhöhung des Bilanzgewinns aufgelöst werden, und die aus der finanziellen Maßnahme erhaltene Liquidität darf nicht (i) zur Zahlung von Gewinnausschüttungen, (ii) zum Rückkauf eigener Aktien und (iii) zur Zahlung von Boni an Vorstände oder Geschäftsführer zu verwendet werden.
Sollten die beschriebenen Fördermöglichkeiten nicht ausreichen, besteht die generelle Möglichkeit von Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen für notleidende Unternehmen. Die EU-Kommission genehmigt solche Beihilfen allerdings nur nach umfassender Prüfung eines vom betroffenen Unternehmen vorzulegenden Umstrukturierungsplans. Ziel einer solchen Beihilfe ist es, die langfristige Rentabilität eines Unternehmens wiederherzustellen. Für die kurzfristige Beseitigung von Liquidationsengpässen, wofür derzeit die meisten Beihilfen gewährt werden, eignet sich eine solche allerdings kaum.
Sollten auch Sie von der Corona-Krise betroffen sein und eine der beschriebenen Beihilfen in Anspruch nehmen wollen, unterstützen Sie unsere Expertinnen und Experten von PwC Legal gerne bei der Antragstellung. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!