Brexit-Update: Was ab 1.1.2021 aus immigrationrechtlicher Sicht zu beachten ist (Stand: 05.01.2021)
Nach vielen Monaten harter Verhandlungen über ein Brexit-Handelsabkommen ist dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland und der Europäischen Union am 24.12.2020 – knapp vor Ablauf der Übergangsfrist – doch noch eine Einigung gelungen. Ein harter Bruch zwischen der EU und UK konnte so vermieden werden. Aus Sicht des österreichischen Aufenthalts- und Ausländerbeschäftigungsrechts gilt danach – entsprechend derzeitiger Rechtslage in Österreich – Folgendes:
Das „Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits“ regelt die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und UK und ist ab dem 1.1.2021 vorläufig anzuwenden. Einer der politisch und wirtschaftlich wichtigsten Punkte des Paktes ist die Vermeidung von Zöllen, um einen möglichst ungehinderten Handel zu gewährleisten. Aber auch viele andere Bereiche wie die Zusammenarbeit betreffend Justiz, soziale Sicherheit, Energieangelegenheiten oder Fischfang werden auf den weit über 1000 Seiten des Paktes geregelt.
In Bezug auf Einwanderungsfragen enthält das Abkommen nur wenige Details. Insbesondere fehlen detaillierte (Sonder-)Regelungen für Brit/innen, die ab dem 1.1.2021 in der Europäischen Union einer Beschäftigung nachgehen wollen und/oder sich dort niederlassen wollen. Zu beachten sind auch eigene Regelungen zu sozialversicherungsrechtlichen Aspekten bei grenzüberschreitenden Mitarbeiter-Einsätzen von bis zu 24 Monaten Dauer.
Folgende Regelungen gelten aus immigrationrechtlicher Sicht ab 1.1.2021:
Brit/innen, die vor Ende der Übergangsperiode am 31.12.2020 in Österreich ihr Aufenthaltsrecht oder als Grenzgänger eine Beschäftigung im Einklang mit dem Unionsrecht ausgeübt haben und danach weiter dort wohnen bzw. als Grenzgänger arbeiten, haben auf Basis des Austrittsabkommens weiterhin uneingeschränkten Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt. Nähere Details hierzu können Sie unserem letzten Blogbeitrag zu diesem Thema entnehmen.
Britischen Staatsangehörigen, die ab dem 1.1.2021 eine längerfristige Beschäftigung in Österreich aufnehmen wollen, kommt ein derartiger Sonderstatus nach dem Austrittsabkommen nicht zu. Da auch das Handels- und Kooperationsabkommen vom 24.12.2020 keine speziellen Regelungen vorsieht, gelten für diese Personen daher dieselben Regelungen, welche auch für andere neu zuziehende Drittstaatsangehörige gelten. Brit/innen, die eine länger als sechs Monate dauernde Beschäftigung bzw. Niederlassung in Österreich planen, müssen daher einen Aufenthaltstitel nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (wie zB eine Rot-Weiß-Rot-Karte für hochqualifizierte Schlüsselkräfte) beantragen.
Der Handels- und Kooperationspakt beinhaltet jedoch Bestimmungen zu kurzfristigen Geschäftsreisen, unternehmensintern transferierten Arbeitnehmer/innen, Vertragsdienstleistern und Freiberufler/innen.
Vorgesehen sind insbesondere Erleichterungen bei der Entsendung von hochqualifiziertem Schlüsselpersonal durch britische Unternehmen. So können Entsende- oder Beschäftigungsbewilligungen mit einer Gültigkeitsdauer von bis zu 6 Monaten innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten für bestimmte Dienstleistungen ohne Arbeitsmarktprüfung erteilt werden. Zu diesen Dienstleistungen zählen unter anderen die grenzüberschreitende Erbringung von Rechts- und Steuerberatungen, Rechnungsleger- und Buchhalterdienstleistungen und Dienstleistungen von Reisebüros, Reiseveranstaltern oder Reiseleitern in Österreich.
Geschäftsreisende, die in gehobenen Führungspositionen bei britischen Unternehmen beschäftigt sind, können zudem in Österreich Unternehmungsgründungsaktivitäten bis zu 90 Tage innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen ohne arbeitsmarktbehördliche Genehmigung tätigen.
Weiters enthält das Abkommen eine Klausel über Visa für Kurzaufenthalte (Aufenthalt von 90 Tagen innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen). Darin haben die EU und das Vereinigte Königreich vereinbart, dass Kurzaufenthalte in der EU bzw im Vereinigten Königreich weiterhin von der Visumspflicht befreit sind.
Das Arbeitsrechts- und Immigrationteam von PwC Legal berät und vertritt Sie gerne nicht nur bei allen Fragen und Verfahren rund um den Brexit, sondern in sämtlichen Bereichen des grenzüberschreitenden Mitarbeitereinsatzes sowie des Einwanderungs- und Ausländerbeschäftigungsrechts.
Lesen Sie in diesem Artikel, welche sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen der Brexit auf grenzüberschreitende Einsätze von Mitarbeitern bringt:
>>Post-Brexit: Neues Handels- und Kooperationsabkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union – Sozialversicherungsrechtliche Auswirkung auf grenzüberschreitende Mitarbeitereinsätze<<
Autorinnen: Mag. Eva Krichmayr; Mag. Julia Hulfeld
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