Homeoffice aus arbeits- und sozialrechtlicher Sicht (Update)
Dies ist eine aktualisierte Version des Beitrags vom 22.02.2021.
Wie bereits in unserem letzten Blogbeitrag zum Thema Homeoffice angekündigt, sind die neuen Regelungen in Bezug auf das Arbeiten von Zuhause nunmehr am 1. April 2021 in Kraft getreten und sind – im Gegensatz zu den steuerrechtlichen Regelungen – nicht befristet. Die wichtigsten Änderungen – insbesondere auch im Vergleich zum ursprünglich vorgelegten Ministerialentwurf – wollen wir Ihnen in diesem Beitrag präsentieren.
Definition und Vereinbarung von Homeoffice
Zunächst wird im neu eingefügten § 2h Abs 1 AVRAG der Begriff Homeoffice definiert. Arbeit im Homeoffice liegt demnach dann vor, wenn ein Arbeitnehmer regelmäßig Arbeitsleistungen in der Wohnung erbringt. Der Begriff „Wohnung“ schließt auch eine Wohnung an einem Nebenwohnsitz oder die Wohnung eines nahen Angehörigen oder Lebensgefährten ein. Nicht erfasst ist aber etwa die Arbeit in einem Coworking Space, im Park oder in einem Kaffeehaus. Eine umfassende Regelung des sog. „Mobile Working“ wurde also nicht vorgenommen.
Als Grundlage für die Arbeit im Homeoffice ist künftig eine einzelvertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer abzuschließen (§ 2h Abs 2 AVRAG). Aus Beweisgründen soll dies laut Gesetz schriftlich erfolgen, ein Fehlen der Schriftlichkeit führt jedoch nicht zur Nichtigkeit. Auch bedarf die Vereinbarung nach den Gesetzesmaterialien keiner Unterschrift, sodass sie beispielsweise ebenso im elektronischen Weg (Handy-Signatur, E-Mail, etc) erfolgen kann.
Die einseitige Anordnung durch den Arbeitgeber bzw einseitige Inanspruchnahme durch den Arbeitnehmer ist nicht zulässig. Die Möglichkeit von Zuhause zu arbeiten soll somit weiterhin auf Freiwilligkeit beruhen. Dementsprechend soll auch die Vereinbarung eines einseitigen Weisungsvorbehalts des Arbeitgebers, ob überhaupt Homeoffice ausgeübt wird, nicht zulässig sein.
Die Vereinbarung kann beiderseits jedenfalls aus wichtigem Grund unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zum Letzten eines Kalendermonats gelöst werden. Ein derartiger wichtiger Grund ist beispielsweise eine wesentliche Veränderung der Wohnsituation des Arbeitnehmers oder eine wesentliche Veränderung der betrieblichen Erfordernisse. Das Gesetz sieht nunmehr jedoch auch explizit die Möglichkeit einer Befristung bzw. der Vereinbarung eigener Kündigungsregelungen vor, was unserer Meinung nach auch zu empfehlen ist. (§ 2h Abs 4 AVRAG)
Eine Homeoffice-Vereinbarung sollte insbesondere Bestimmungen zu den folgenden Punkten enthalten:
- Ort der Arbeitsleistung,
- Arbeitszeit und Arbeitszeitaufzeichnung,
- Vereinbarung über Arbeitsmittel sowie eventuelle (Pauschal)Abgeltung,
- Datenschutz,
- Beendigungsmöglichkeiten.
Betriebsvereinbarung
In Betrieben mit Betriebsrat besteht nun die Möglichkeit, allgemein gültige Regelungen für die Organisation von Homeoffice in Form einer fakultativen Betriebsvereinbarung zu vereinbaren. Dazu wurde mit § 97 Abs 1 Z 27 ArbVG die Liste der fakultativen Betriebsvereinbarungstatbestände um den Tatbestand „Festlegung von Rahmenbedingungen für Arbeit im Homeoffice“ erweitert. Dieser umfasst auch jene Aspekte von Homeoffice, die bisher bereits unter andere freiwillige Betriebsvereinbarungstatbestände gefallen sind, wie Regelungen zum (pauschalen) Kostenersatz, über die Bereitstellung der Betriebsmittel oder ein Rückkehrrecht vom Homeoffice. Eine erzwingbare Mitbestimmung durch den Betriebsrat bei der Regelung von Homeoffice ist nicht vorgesehen.
Auch im Zusammenhang mit Homeoffice ist für Kontrollmaßnahmen und technische Systeme, welche die Menschenwürde berühren, die Zustimmung des Betriebsrates gemäß § 96 ArbVG erforderlich. Ein System zur automationsunterstützten Verarbeitung und Übermittlung von personenbezogenen Daten des Arbeitnehmers iSd § 96a Abs 1 Z 1 ArbVG, bedarf der (erzwingbaren) Zustimmung des Betriebsrates.
Die Betriebsvereinbarung gemäß § 97 Abs 1 Z 27 ArbVG über Homeoffice soll jedoch lediglich die Rahmenbedingungen als Grundlage für eine Einzelvereinbarung festlegen. Die Vereinbarung der Arbeit im Homeoffice an sich ist ausschließlich im Rahmen einer Einzelvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer möglich. Daneben sind selbstverständlich auch die einschlägigen Bestimmungen über Homeoffice oder Telearbeit in Kollektivverträgen zu beachten (zB IT-Kollektivvertrag).
Digitale Arbeitsmittel
Klargestellt wird in § 2h Abs 3 AVRAG, dass Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern grundsätzlich die für das regelmäßige Arbeiten im Homeoffice erforderlichen digitalen Arbeitsmittel bereitzustellen haben. Darunter sind jedenfalls die erforderliche IT-Hardware und Software als auch die Internetverbindung zu verstehen, erforderlichenfalls auch ein Diensthandy. Die Verpflichtung soll nicht bestehen, wenn die Ausübung von Homeoffice nur einmalig erfolgt ist, ohne dass weitere Einsätze im Homeoffice beabsichtigt wären. Einzelvertraglich oder im Rahmen einer Betriebsvereinbarung kann auch die Verwendung von mitarbeitereigenen digitalen Arbeitsmitteln vereinbart werden, wofür der Arbeitgeber die angemessenen und erforderlichen Kosten zu tragen hat; auch eine Pauschalabgeltung ist möglich.
Arbeitszeit und -ruhe
Sämtliche Bestimmungen über Arbeitszeit (AZG) und Arbeitsruhe (ARG) sowie die vertraglichen Vereinbarungen über die Arbeitszeit sind auch bei der Arbeit im Homeoffice anzuwenden. So gilt schon jetzt eine Beschäftigung eines Arbeitnehmers „in seiner eigenen Wohnung“ als Arbeitszeit (§ 2 Abs 2 AZG). Wie auch bisher kann bei der Arbeitszeiterfassung bei überwiegender Tätigkeit im Homeoffice grundsätzlich eine Saldenaufzeichnung (anstelle der genauen Erfassung des Beginns und Endes der täglichen Arbeitszeit inklusive der Pausen) durchgeführt werden, soweit die gesetzlichen Bestimmungen des AZG erfüllt sind.
Haftung von Haushaltsangehörigen
Im Dienstnehmerhaftpflichtgesetz (DHG) wurde in § 2 Abs 4 DHG verankert, dass dessen Bestimmungen sinngemäß auch auf durch im gemeinsamen Haushalt mit dem Dienstnehmer lebende Personen im Zusammenhang mit Arbeiten im Homeoffice zugefügte Schäden anzuwenden ist. Damit kommen auch für haushaltsangehörige Personen im Falle einer Schadensverursachung die Privilegierungen des DHG zur Anwendung (zB mögliche Mäßigung des Schadenersatzanspruchs). Im Vergleich zum Ministerialentwurf (nach dem derartige Schäden dem „Dienstnehmer als Schadensverursacher zuzurechnen“ gewesen wären) wurde nunmehr eine veränderte Textierung gewählt.
Die ursprünglich geplante Einbeziehung von durch Haustiere zugefügte Schäden findet sich im finalen Gesetzestext jedoch nicht mehr. In den Materialien wird dazu ausgeführt, dass das DHG bereits bisher für Aufsichtspflichtverletzungen gegenüber (unmündigen) Kinder und Haustieren durch den Dienstnehmer gelte.
Arbeitnehmerschutz
Die derzeitigen, für Homeoffice relevanten Regelungen des ASchG und des ArbIG bleiben weiterhin anwendbar. Die Privatwohnung gilt bereits jetzt als auswärtige Arbeitsstelle iSd § 2 Abs 3 letzter Satz ASchG. Hier kommen insbesondere die Bestimmungen über Bildschirmarbeit des ASchG zum Tragen.
Arbeitgeber sind angehalten, die Arbeitnehmer vor Beginn der Ausübung von Homeoffice zu den Erfordernissen der Arbeitsplatzgestaltung zu unterweisen. Es trifft sie jedoch nur dann eine Verantwortung nach dem ASchG für die Ausstattung des Homeoffice, wenn sie dazu beispielsweise Büromöbel oder technische Arbeitsgeräte bereitgestellt haben.
Im neuen § 4 Abs 10 ArbIG wurde ausdrücklich festgehalten, dass die Organe der Arbeitsinspektion nicht berechtigt sind, zur Durchführung ihrer Aufgaben Wohnungen von Arbeitnehmern im Homeoffice zu betreten. Nach den Materialien soll darunter allerdings – aus Grundrechtserwägungen – kein absolutes Betretungsverbot zu verstehen sein; ein Betreten mit Zustimmung des Arbeitnehmers ist also möglich. Ergänzend soll eine Musterevaluierung von Homeoffice-Arbeitsplätzen erarbeitet werden.
Unfallversicherung
In Bezug auf die Unfallversicherung im Homeoffice wurde die im Vorjahr (ursprünglich befristet) eingeführte COVID-Regelung ins Dauerrecht übernommen, sodass Unfälle in der Wohnung (Homeoffice) im zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung auch in Zukunft als Arbeitsunfälle gelten. Allerdings wurde die Definition von Homeoffice an die neu eingeführte Definition angepasst, da nunmehr im Vergleich zur befristeten COVID-Regelung nicht mehr auf den „Aufenthaltsort“, sondern ebenfalls auf die Wohnung abgestellt wird.
Auch weiterhin sind Unfälle bei der Befriedigung lebensnotwendiger Bedürfnisse sowie diesbezügliche Wege (§ 175 Abs 2 Z 7 ASVG) in Zusammenhang mit Homeoffice als Arbeitsunfälle zu qualifizieren. So sind beispielsweise Einkäufe von Mittagessen im Supermarkt auch dann erfasst, wenn diese vom Homeoffice aus angetreten werden. Dies gilt jedoch – entsprechend der allgemeinen Regel – nicht für Unfälle, die sich erst nach Beendigung der Arbeit oder in Arbeitspausen etwa bei der Erledigung des Tages- oder Wocheneinkaufs für die folgenden Tage ereignen.
Andere Wegunfälle beispielsweise im Zusammenhang mit Arztbesuchen oder bei der Begleitung von Kindern von und zur Schule sind ebenso auch weiterhin bei Arbeit im Homeoffice erfasst.
Homeoffice aus steuerlicher Sicht
Das Homeoffice-Maßnahmenpaket enthält neben den hier dargestellten arbeits- und sozialrechtlichen Aspekten auch steuerrechtliche Regelungen in Zusammenhang mit der Arbeit im Homeoffice. Nähere Informationen zu den diesbezüglichen Neuerungen finden Sie hier.
Gerne unterstützen wir Sie bei der Erstellung von auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Homeoffice-Vereinbarungen, Betriebsvereinbarungen und Richtlinien.
Co-Autorin: Lisa-Maria Jobst, LL.M.