KI-Kompetenz – die neue Schulungspflicht gemäß Art 4 AI Act (Teil 1)
Am 1. August 2024 ist der AI Act in Kraft getreten, ab 2. Februar 2025 erlangen nun die ersten Bestimmungen Geltung. Darunter auch die Verpflichtung zur KI-Kompetenz (AI Literacy) gemäß Art 4 AI Act. Diese Regelung verlangt von Unternehmen, die KI-Tools entwickeln, bereitstellen oder in eigener Verantwortung verwenden, sicherzustellen, dass ihre Mitarbeiter:innen über ausreichende Kenntnisse im Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) verfügen. Was das im Detail bedeutet und wie diese Verpflichtung erfüllt werden kann, erfahren Sie in diesem Artikel.
Der Hintergrund
Art 4 AI Act lautet:
Die Anbieter und Betreiber von KI-Systemen ergreifen Maßnahmen, um nach bestem Wissen und Gewissen sicherzustellen, dass ihr Personal und andere Personen, die in ihrem Auftrag mit dem Betrieb und der Nutzung von KI-Systemen befasst sind, über ausreichende KI-Kenntnisse verfügen, wobei ihre technischen Kenntnisse, ihre Erfahrung, ihre Aus- und Weiterbildung und der Kontext, in dem die KI-Systeme eingesetzt werden sollen, sowie die Personen oder Personengruppen, bei denen die KI-Systeme eingesetzt werden sollen, berücksichtigt werden.
Im Wesentlichen formuliert Art 4 AI Act eine neue Schulungsverpflichtung. In der tatsächlichen Umsetzung stellen sich nun mehrere Fragen: Welche Personen müssen geschult werden? Was muss gelehrt werden und was versteht man unter „ausreichenden KI-Kenntnissen“?
Wer muss geschult werden?
Die Schulungspflicht erstreckt sich auf alle Personen, die Zugang zu den betrieblich genutzten KI-Systemen haben – darunter fallen sowohl interne Mitarbeiter:innen als auch externe Dienstleister, die an der Entwicklung beteiligt sind.
Da die Verordnung klar festlegt, dass die Ausgestaltung der Schulung von unterschiedlichen Faktoren abhängt (zB Vorkenntnisse und -erfahrungen, Einsatzbereich), hat sie damit einer „one-fits-all“ Schulung eine Absage erteilt. Zwar gibt es einen KI-Kompetenz Kern, der relativ unabhängig vom Teilnehmerkreis und von den relevanten Tools steht. Im Großen und Ganzen ist aber festzuhalten, dass die zu Schulenden in unterschiedliche Gruppen geteilt werden sollten und die Inhalte auf ihre Bedürfnisse abgestimmte werden müssen. Das bedeutet zwar für die Unternehmen einen größeren Aufwand in der Planung und Umsetzung, allerdings kann erwartet werden, dass diese zielgruppenspezifischen Schulungen eine bessere Wirkung entfalten. Kurz gesagt: Besser mit etwas mehr Aufwand in sinnvolle Schulungen investieren, als mit weniger Aufwand in ein Konzept, das weniger bewirkt.
Tipp: In der Praxis ist daher zunächst zu klären, wer zu schulen ist. Danach werden die Mitarbeiter:innen, basierend auf unterschiedlichen Kriterien (zB der Tätigkeitsbereich), in Gruppen zusammengefasst.
Wie und wann muss geschult werden?
Offen ist, wie die KI-Kompetenz vermittelt werden muss, um Art 4 AI Act zu erfüllen. Ob das über Präsenz-Trainings oder Webinare, e-Learnings oder andere Formate erfolgt, ist letztlich jedem Unternehmen selbst überlassen.
Wir empfehlen die praktischen Inhalte (Technologie, Use Cases und Prompting) im Rahmen von Präsenz-Workshops zu vermitteln. Hier findet in der Regel mehr persönlicher Austausch zwischen Vortragenden und Teilnehmer:innen statt, wodurch die Wirkung der Schulungsmaßnahme enorm verstärkt wird. Je praxisnaher und verständlicher die Trainings gestaltet sind, desto besser.
Der Verordnung ist nicht zu entnehmen, dass die zu Schulenden eine Prüfung ablegen müssten. Es wird daher der Nachweis der bloßen Teilnahme ausreichen, um der Verpflichtung gem Art 4 AI Act nachzukommen.
Tipp: Prüfen Sie, ob Sie die compliance-relevanten Schulungsinhalte in Ihre restlichen Compliance-Trainings und -Tests aufnehmen wollen. So können Sie sich in den „reinen“ KI-Kompetenz Workshops auf die praktischen Informationen konzentrieren.
Grundsätzlich muss die „ausreichende KI-Kompetenz“ mit 2. Februar 2025 sichergestellt werden und damit auch die notwendigen Schulungen abgeschlossen sein. Aber auch danach bleibt das Thema KI-Kompetenz aus mehreren Gründen relevant:
Für Unternehmen ist das Thema schon aufgrund der üblichen Fluktuation Dauerbrenner, dass sie zukünftig laufend beschäftigen wird. Es braucht neben der Schulung des bestehenden Personalpools ein Konzept, wie mit Neueintritten umgegangen wird. Ratsam ist es jedenfalls, die Erlaubnis zur Nutzung von AI Tools im Unternehmen an das Absolvieren der KI-Kompetenz Schulung zu knüpfen.
Aus Sicht der einzelnen Schulungsteilnehmer:innen können manche Inhalte in Form einer einmaligen Schulung zu behandeln sein. So wird es beispielsweise nicht notwendig sein, den Mitarbeiter:innen jedes Jahr aufs Neue zu zeigen, aus welchen Elementen ein Prompt bestehen kann. Sind diese Inhalte allerdings in Vergessenheit geraten oder aufgrund der technischen Weiterentwicklung veraltet, ist auch hier eine neue KI-Kompetenz Schulung einzuplanen.
Wir empfehlen daher, jährliche Auffrischungstrainings einzuplanen, die das Gelernte wieder in Erinnerung rufen und Neuerungen vermitteln sollen. Besonders bei compliance-sensiblen Themen ist eine solche regelmäßige Auffrischung sinnvoll.
Tipp: Auch wenn sie nicht verpflichtend durchzuführen sind, kann mithilfe kurzer Wissensüberprüfungen effektiv kontrolliert werden, ob und wer erneut zu einem KI-Kompetenz Training eingeladen werden sollte. Dann können sich die jährlichen Brush-up Trainings ausschließlich auf Neuerungen konzentrieren und entsprechend straffer geplant werden.
Wir unterstützen Sie gerne bei der Durchführung von KI-Kompetenz Workshops und bei der Entwicklung eines maßgeschneiderten KI-Kompetenz Schulungsplans. Lesen Sie hier mehr dazu oder melden Sie sich gerne direkt bei uns über das Kontaktformular.
Lesen Sie in Teil 2, welche Inhalte Sie schulen müssen.
