Brexit aus immigrationsrechtlicher Sicht: Die Konsequenzen für britische Staatsangehörige und deren Arbeitgeber in Österreich
Co-Autorin: Mag. Martina Holzer
Der Brexit wurde erneut verschoben – bis vorerst 31. Oktober 2019. Ob bis dahin eine Einigung erzielt wird, ist dennoch unklar.
Dieser Blog-Beitrag soll Ihnen einen Überblick über die Auswirkungen der verschiedenen Brexit-Varianten aus immigrationsrechtlicher Sicht geben und Sie durch die Bereitstellung von konkreten Handlungsempfehlungen hinsichtlich Ihrer Personalplanung auf alle Eventualitäten vorbereiten.
Aus immigrationsrechtlicher Sicht stellen sich für Arbeitgeber von britischen Staatsangehörigen im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Brexit drei wesentliche Fragen:
1. Genießen meine britischen Mitarbeiter weiterhin Reisefreiheit in der EU?
2. Dürfen sich meine britischen Mitarbeiter weiterhin ohne eine Bewilligung in Österreich aufhalten?
3. Besteht für britische Staatsangehörige weiterhin freier Arbeitsmarktzugang in Österreich?
Das Wichtigste in Kürze: Alle Informationen zu Einreise, Aufenthaltsrecht und Arbeitsmarktzugang finden Sie in unserem praktischen Überblick.
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Mögliche Brexit-Varianten und ihre Implikationen
1. Verlängerung der Frist: Solange das Vereinigte Königreich in der EU bleibt, wird es keine Änderung an den Rechten und dem Status der in Österreich lebenden britischen Staatsangehörigen geben.
2. Deal-Brexit: Das Austrittsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich sieht eine Übergangsfrist bis 31.Dezember 2020 vor. Basierend darauf würden die aktuellen Regelungen für britische Staatsangehörige weiter zur Anwendung kommen. Aus immigrationsrechtlicher Sicht hat dies zur Folge, dass britische Staatsbürger bis Ende 2020 weiterhin visumsfrei nach Österreich einreisen, sich im Bundesgebiet aufhalten dürften und freien Arbeitsmarktzugang genießen würden.
3. No-Deal Brexit: Ein Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU ohne Austrittsabkommen (und ohne nationale Übergangsbestimmungen) würde dazu führen, dass britische Staatsangehörige ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht und ihre Arbeitnehmerfreizügigkeit – ohne jegliche Übergangsphase – verlieren. Sie wären mit dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Austritts wie Drittstaatsbürger zu behandeln und würden damit vor Arbeitsantritt in Österreich eine Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung benötigen.
Entsprechend dem Vorschlag der Europäischen Kommission müssten britische Staatsbürger für Kurzaufenthalte (bis zu 90 Tage innerhalb von 180 Tagen) in der EU kein Visum beantragen, sofern dasselbe künftig für EU-Bürger gilt, die in das Vereinigte Königreich reisen. Für längerfristige Aufenthalte im Schengenraum wird für britische Staatsbürger – aus heutiger Sicht – aber jedenfalls ein Visum bzw. ein Aufenthaltstitel erforderlich sein.
Erleichterungen durch das Brexit-Begleitgesetz
Um einen möglichen „harten Brexit“ abzufedern wurden in Österreich nationale Übergangsbestimmungen in Form des Brexit-Begleitgesetzes 2019 (BreBeG) entworfen.
Wer ist durch das BreBeG begünstigt?
Die Regierungsvorlage sieht erleichterte Erteilungsvoraussetzungen zur Erlangung von Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligungen für britische Staatsangehörige und deren drittstaatsangehörige Familienmitglieder vor, die sich bereits vor dem Brexit rechtmäßig in Österreich aufgehalten haben. Der rechtmäßige Aufenthalt ist den Behörden durch Vorlage einer Anmeldebescheinigung/Bescheinigung des Daueraufenthalts für EWR-Bürger bzw. einer (Dauer-) Aufenthaltskarte für drittstaatsangehörige Familienmitglieder von EWR-Bürgern nachzuweisen.
Nach rechtzeitiger Antragstellung (binnen 6 Monaten ab dem No-Deal-Brexit) bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Behörde, sind der durchgehende Aufenthalt und die durchgehende Beschäftigung von britischen Staatsbürgern in Österreich zulässig. Zum Nachweis darüber kann auf Antrag seitens der zuständigen Behörde auch eine Bestätigung ausgestellt werden.
Auf wen kommen die Erleichterungen nicht zur Anwendung?
Britische Staatsbürger die erst nach dem Brexit zuziehen, sollen gegenüber Drittstaatsbürgern nicht privilegiert werden. Sie benötigen eine Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung bevor sie in Österreich zu arbeiten beginnen dürfen. Erfahrungsgemäß ist mit einer Bearbeitungszeit der zuständigen Behörden von bis zu 3,5 Monaten ab Antragseinreichung sowie einer gewissen Vorlaufzeit zur Organisation der erforderlichen Dokumente und etwaiger Übersetzungen und Beglaubigungen zu rechnen. Dies sollten Sie bei der Personalplanung jedenfalls berücksichtigen.
Unsere Handlungsempfehlungen
Die Brexit-Variante und der genaue Zeitpunkt des Austritts des Vereinigten Königreiches sind weiterhin offen. Sie können aber bereits folgende Vorbereitungsmaßnahmen treffen:
1. Unternehmensinterne Abstimmung hinsichtlich der Personalplanung:
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- Welche Ihrer britischen Mitarbeiter sind aktuell in Österreich tätig?
- Welche Ihrer britischen Mitarbeiter sollen zukünftig in Österreich tätig sein und ab wann?
- Wissen alle involvierten Personen über die Bearbeitungszeit der Anträge auf Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligungen für Drittstaatsbürger (aktuell bis zu 3,5 Monate ab Antragseinreichung) Bescheid? Wurden die „Startdaten“ der Arbeitseinsätze britischer Staatsbürger in Österreich entsprechend angepasst und an alle Beteiligten kommuniziert?
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2. Ausreichende Information der britischen Mitarbeiter im Hinblick auf die Auswirkungen des Brexit
Eine übersichtliche Darstellung der Auswirkungen auf betroffene Lebensbereiche (Reisen, Autofahren, Aufenthalt und Zugang zum Arbeitsmarkt, Soziale Sicherheit/Familienleistungen, etc.) finden Sie auf der Homepage der britischen Botschaft.
3. Sicherstellung der rechtzeitigen Antragstellung post-Brexit
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- Beurteilung des passenden Antrages (erleichterte „Rot-Weiß-Rot-Karte plus BREXIT“; „Daueraufenthalt – EU“ oder diverse andere Routen für Drittstaatsbürger)
- Vorbereitung von Kopien der dafür notwendigen Unterlagen:
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- Aktueller Reisepass
- Geburtsurkunde
- Aktuelles Passbild
- Nachweis des bisherigen rechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich vor dem Brexit (Anmeldebescheinigung / Bescheinigung des Daueraufenthalts für EWR-Bürger; Aufenthaltskarte / Daueraufenthaltskarte für Drittstaatsangehörige Familienmitglieder von EWR-Bürgern)
- Strafregisterauszug (bei Antragseinreichung nicht älter als 3 Monate)
- Dienstvertrag
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Je nach Art des Antrages sind die österreichischen Behörden dazu ermächtigt zusätzliche Unterlagen (wie insbesondere Nachweise einer alle Risiken abdeckenden Krankenversicherung, einer angemessenen Unterkunft, ausreichender Unterhaltsmittel oder Deutschkenntnisse) zu fordern.
Die Immigration-Spezialisten von PwC Legal unterstützen Sie gerne bei der Auswahl der passenden Immigrationsroute, der Abwicklung der jeweiligen Antragsverfahren und der Abstimmung mit den zuständigen Behörden. Sprechen Sie uns jetzt an!