COVID-19: Aktuell relevante Gewinnausschüttungsverbote
In der politischen Diskussion war zuletzt häufig von Beschränkungen der Ausschüttung von Gewinnen die Rede; dies wurde insbesondere für Unternehmen gefordert, die öffentliche Förderungen zur Bewältigung der Corona-Krise beziehen. Nicht alle Gesetzesinitiativen wurden umgesetzt. Der folgende Beitrag soll einen Überblick über den aktuellen Stand hinsichtlich der Ausschüttungsfähigkeit von Bilanzgewinnen und sonstigen Beschränkungen geben.
1. Ausschüttungsverbot gemäß § 82 Abs 5 GmbHG
Wie schon in unserem Blogbeitrag „COVID-19: Verbot der Ausschüttung des (gesamten) Bilanzgewinns?“ berichtet, gibt es für GmbHs ein allgemeingültiges Ausschüttungsverbot für den letztjährigen Gewinn, nämlich in dem Ausmaß, als er im laufenden Jahr durch Verluste aufgezehrt wurde:
Wenn zwischen dem Bilanzstichtag und der Feststellung des Jahresabschlusses das Gesellschaftsvermögen durch Verluste oder Wertminderungen erheblich und voraussichtlich dauerhaft (nicht nur vorübergehend) geschmälert wurde, darf gemäß § 82 Abs 5 GmbHG der Bilanzgewinn im Ausmaß der eingetretenen Wertminderung nicht ausgeschüttet werden. Als Verlust bzw Wertminderung wird nur jene Vermögensminderung angesehen, die sich auch in den Büchern (in der Bilanz) niederschlägt – die Verminderung von stillen Reserven zählt daher nicht dazu.
Der bis zur Feststellung eingetretene Verlust ist mittels Zwischenbilanz zu ermitteln und sodann (als ausschüttungsgesperrter Betrag) rechnerisch vom Bilanzgewinn abzuziehen. Lediglich der verbleibende Rest darf an die Gesellschafter ausgeschüttet werden.
Zu beachten ist hierbei, dass auf den Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses und nicht des Gewinnverteilungsbeschlusses bzw der Ausschüttung abzustellen ist. Die Feststellung des Jahresabschlusses hat normalerweise in den ersten 8 Monaten des Geschäftsjahrs zu erfolgen; aufgrund der COVID-19-Maßnahmen ist die Feststellung, wie auch die Einreichung zum Firmenbuch, jedoch bis Ende des Jahres 2020 möglich (siehe dazu unseren Beitrag „Weitere Fristverlängerungen für Jahresabschlüsse“ vom 7. April 2020).
2. Andere allgemeine Ausschüttungsverbote
Für Aktiengesellschaften gibt es kein vergleichbares Ausschüttungsverbot betreffend zwischenzeitig eingetretene Verluste. Dennoch werden Vorstände bei ihren Gewinnverwendungsvorschlägen zum Wohl der Gesellschaft handeln und nach Jahresende eingetretene (negative) Entwicklungen berücksichtigen müssen.
Bei Personengesellschaften ist die Entnahme von Gewinnen dann verboten, wenn dies zum offenbaren Schaden der Gesellschaft gereicht. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Liquiditätsabfluss den Bestand oder die Kreditwürdigkeit gefährdet oder sonst die Gesellschaft in ihrer Zweckerreichung oder Fortentwicklung, zB zur Verwirklichung beschlossener Projekte, hemmt.
3. Zusätzliche Ausschüttungsverbote iZm COVID-19-Unterstützungen
Ein von verschiedenen Akteuren gefordertes allgemeines gesetzliches Ausschüttungsverbot iZm Unterstützungsleistungen wurde nicht umgesetzt. Hingegen wurden per Verordnung des Finanzministers vom 8. April 2020 gewisse Bedingungen für die Inanspruchnahme von staatlichen Garantien und Direktkrediten über die COVID-19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) eingeführt. Im Ergebnis gelten derzeit Auszahlungs- und andere Beschränkungen lediglich im Zusammenhang mit Garantien bzw. Direktkrediten im Rahmen des Corona-Hilfs-Fonds; diese gelten allerdings – anders als die allgemeine Ausschüttungsbeschränkung für GmbH – für sämtliche Unternehmensformen, vom Einzelunternehmen bis zur börsenotierten Aktiengesellschaft.
In Punkt 12 der als Anlage zur Verordnung erlassenen Richtlinien sind folgende Verpflichtungen der Unternehmen genannt, wobei die COFAG dem Antragsteller im Einzelfall weitere Verpflichtungen auferlegen kann:
- Keine Leistung von unangemessenen Entgelten, Entgeltbestandteilen sowie sonstigen unangemessenen Zuwendungen an Inhaber, Organe, Angestellte und wesentliche Erfüllungsgehilfen des Unternehmens
- Insbesondere keine Zahlung von Boni für das laufende Geschäftsjahr an Vorstände oder Geschäftsführer, die über 50 % der Boni des Vorjahres hinausgehen – interessant hierbei: Boni an andere (auch leitende) Mitarbeiter sind hingegen uneingeschränkt zulässig, sofern es sich nicht um „unangemessene Entgeltbestandteile“ handelt
- Anpassung der Entnahmen des Inhabers des Unternehmens bzw. der Gewinnausschüttung an die Eigentümer für den Zeitraum der finanziellen Maßnahme auf die wirtschaftlichen Verhältnisse
- Dividenden- und Gewinnauszahlungsverbot für den Zeitraum vom 16.3.2020 bis 16.3.2021 – Ausschüttungsbeschlüsse betreffend den letzten Bilanzgewinn können auch in diesem Zeitraum zwar grundsätzlich gefasst werden, der Auszahlungszeitpunkt (die Fälligkeit) darf allerdings erst danach liegen
- Maßvolle Dividenden- und Gewinnausschüttungspolitik für die verbleibende Laufzeit
- Keine Auflösung von Rücklagen zur Erhöhung des Bilanzgewinns
- Keine Verwendung der aus der finanziellen Maßnahme (dh dem geförderten Kredit) erhaltenen Liquidität zur Zahlung von Gewinnausschüttungen, zum Rückkauf eigener Aktien und zur Zahlung von Boni an Vorstände oder Geschäftsführer
Noch ist unklar, ob diese Restriktionen auch für Direktzuschüsse im Rahmen des Corona Hilfs-Fonds gelten werden. Eine entsprechende Richtlinie wird derzeit erarbeitet und soll in den nächsten Tagen veröffentlicht werden.
Nimmt das Unternehmen hingegen etwa nur die Förderungen für Kurzarbeit in Anspruch, so ist es nicht daran gehindert, die angesammelten Gewinne an die Eigentümer auszuschütten.
Für weitere Details zu aktuellen Beschränkungen wie auch Erleichterungen können Sie sich jederzeit an uns wenden. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!
Autorin: MMag. Verena Heffermann