COVID-19-Kurzarbeitsmodell & Sonderbetreuungszeit
Co-Autorinnen: Mag. Eva Krichmayr; Theresa Weiss-Dorer, LL.M.
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit dem COVID-19-Kurzarbeitsmodell sowie mit der Sonderbetreuungszeit gem § 18b AVRAG. Zu weiteren arbeitsrechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit Covid-19 lesen Sie auch unseren Beitrag Arbeitsrechtliche Fragen rund um das Coronavirus.
1. COVID-19-Kurzarbeitsmodell
Vereinfachtes Kurzarbeitsmodell
Kurzarbeit in Betrieben ist die vorübergehende Herabsetzung der Normalarbeitszeit und des Arbeitsentgelts in Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten. Kurzarbeit hat dabei den Zweck, die Personalkosten temporär zu verringern und gleichzeitig die Beschäftigten zu halten. Arbeitslosigkeit soll verhindert und der Einsatz der Arbeitskräfte im späteren wirtschaftlichen Aufschwung gewährleistet werden. Das bestehende Kurzarbeitsmodell wurde durch das COVID-19-Gesetz abgeändert, wobei dieses vereinfachte Modell an den Bedarf der aktuellen Krisensituation angepasst wurde. Jeder Betrieb, der die wirtschaftliche Notwendigkeit der COVID-19-Kurzarbeit begründen kann, kann diese beantragen. Ein sehr rascher Ablauf des Verfahrens soll gewährleistet werden, die Unterschrift der Sozialpartner soll binnen 48 Stunden ab Vorliegen der unterschriftsfertigen Vereinbarung erfolgen.
Anträge können ab 16.3.2020, rückwirkend per 1.3.2020, gestellt werden, wobei eine Dauer der Kurzarbeit von maximal 3 Monaten vorgesehen ist, welche um weitere 3 Monate verlängerbar ist. Seitens des AMS wird zugesichert, trotz hohen Antragsanfalls die Anträge rasch und rückwirkend zu bearbeiten, um den Unternehmen die weitere Planung möglichst zu erleichtern. Kommunikation per e-mail und telefonisch sind vorgesehen.
Überblick / Eckpunkte
- Bei betriebswirtschaftlicher Notwendigkeit kann auf Basis einer Sozialpartnervereinbarung die Kürzung der Arbeitszeit von 10 – 90% der gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Normalarbeitszeit beantragt werden (phasenweise Senkung auf 0% möglich).
- Nettoentgeltgarantie: Arbeitnehmer mit Bruttoentgelten bis zu EUR 1.700,– mtl. erhalten vom Arbeitgeber ein Entgelt von 90 % des vor Kurzarbeit bezogenen Nettoentgelts, bei Bruttoentgelten von EUR 1.700,– bis EUR 2.685,– 85 % und bei Bruttoentgelten von über EUR 2.685,– 80 %.
- Der dabei entstandene Entgeltausfall wird durch das AMS in Form einer Kurzarbeitsbeihilfe ausgeglichen (bis zur Höchstbeitragsgrundlage). Ebenfalls ersetzt werden dem Arbeitgeber die anteiligen Arbeitgeber-Sozialversicherungsbeiträge.
- Sozialversicherungsbeiträge sind auf Basis des Entgelts wie vor der Kurzarbeit zu leisten.
- Es gibt bereits ein Muster für die Sozialpartnervereinbarung als Einzelvereinbarung (wenn kein Betriebsrat im Unternehmen vorhanden) und ein Muster für die Sozialpartnervereinbarung als Betriebsvereinbarung. An einer neuen Richtlinie für das COVID-19-Kurzarbeitsmodell wird seitens des AMS gearbeitet.
- Urlaub: Vor Beginn der Kurzarbeit müssen Arbeitnehmer auf Wunsch des Arbeitgebers das Urlaubsguthaben vergangener Urlaubsjahre und Zeitguthaben zur Gänze konsumieren.
- Während der Kurzarbeit und einen Monat danach dürfen Kündigungen nicht ausgesprochen werden (Ausnahmen möglich). Bei Urlaub und Krankenständen während der Kurzarbeit gebührt dem Arbeitnehmer wie bisher das volle Entgelt wie vor Kurzarbeit.
- Mehr- und Überstunden während der Kurzarbeit sind möglich.
Antragsablauf
Kurzarbeit setzt voraus:
- Wirtschaftliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit COVID-19, entsprechende Begründung;
- Betriebsvereinbarung, in Betrieben ohne Betriebsrat Einzelvereinbarung, dh Zustimmung des Betriebsrates/der Arbeitnehmer ist erforderlich;
- Sozialpartnervereinbarung zwischen Wirtschaftskammer und Gewerkschaft;
- Übermittlung aller Dokumente an AMS – Unterfertigung im Zustimmungsfall binnen 48 Stunden;
- Zustimmung des Arbeitsmarktservice.
2. Sonderbetreuungszeit
Gemäß § 18b AVRAG können Arbeitgeber im Falle der behördlichen Schließung von Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen für Arbeitnehmer, die nicht in einem versorgungskritischen Bereich tätig sind, eine Sonderbetreuungszeit im Ausmaß von bis zu drei Wochen für die Betreuung von Kindern bis zum vollendeten 14. Lebensjahr, für die eine Betreuungspflicht besteht, gewähren. Die Entscheidung darüber, ob Sonderbetreuungszeit gewährt werden kann, liegt beim Arbeitgeber und bedarf einer Vereinbarung. Es besteht kein Anspruch des Arbeitnehmers darauf. Die Gewährung kann, auch wenn das Gesetz keine ausdrückliche diesbezügliche Regelung trifft, wohl auch in einzelnen Arbeitstagen gewährt werden.
Es handelt sich um einen neuen, selbständigen Anspruch, welcher auf sonstige Ansprüche wie Urlaub und Pflegefreistellung nicht angerechnet wird. Die Pflegefreistellung gemäß § 16 UrlG kommt als Anspruch auf Dienstfreistellung wegen der behördlichen Schließung von Lehranstalten und Kinderbetreuungseinrichtungen grundsätzlich nicht in Betracht.
Der Begriff der versorgungskritischen Bereiche ist gesetzlich nicht näher definiert. Es handelt sich nach der Intention des Gesetzgebers um volkswirtschaftlich wesentliche Bereiche (insbesondere Lebensmittelerzeugung und -handel, Apotheken, Gesundheitsversorgung, öffentliche Sicherheit).
Arbeitgeber haben Anspruch auf Vergütung von einem Drittel des in der Sonderbetreuungszeit an die Arbeitnehmer bezahlten Entgelts durch den Bund. Der Anspruch auf Vergütung ist mit der monatlichen ASVG-Höchstbeitragsgrundlage (derzeit: EUR 5.370,–) gedeckelt und binnen sechs Wochen vom Tage der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen (in diesem Fall der Schließung von Lehranstalten und Kinderbetreuungseinrichtungen) beim zuständigen Betriebsstättenfinanzamt geltend zu machen.